China reduziert massiv Investitionen in Europa: Eine Entkoppelung mit weitreichenden Folgen
China investiert immer weniger in Europa – ein klares Zeichen für eine zunehmende Entkoppelung zwischen China und dem Westen. Diese Entwicklung manifestiert sich auf verschiedenen Ebenen, einschließlich der Handelsbilanzen und der ausländischen Direktinvestitionen (FDI). Während die FDI in China im Jahr 2023 auf nur 30,69 Milliarden Euro sanken – ein dramatischer Rückgang von 80% gegenüber dem Vorjahr – zeigt eine neue Studie der Rhodium Group in Zusammenarbeit mit dem Mercator-Institut für China-Studien, dass auch die chinesischen Investitionen in Europa einem ähnlichen Trend folgen.
Ein Jahrzehntelanger Tiefpunkt bei Investitionen in Europa
Die chinesischen Direktinvestitionen in Europa (EU plus Großbritannien), die einst während des Booms der 2010er Jahre florierten, haben einen drastischen Rückgang erfahren. Im Jahr 2023 erreichten sie mit nur 6,8 Milliarden Euro das niedrigste Niveau seit über einem Jahrzehnt. Dieser Abwärtstrend ist nicht nur auf die allgemeine wirtschaftliche Weltlage zurückzuführen – die von Handelskonflikten und geopolitischen Spannungen gezeichnet ist – sondern auch auf die direkten Folgen der Corona-Pandemie, die China zu strengeren Kapitalkontrollen und einer konservativeren Auslandsinvestitionspolitik veranlasst hat.
In Europa haben politische Widerstände, die sich in verstärktem Screening und Investitionsverboten äußern, zusätzliche Hürden für chinesische Investoren geschaffen und das Investitionsklima weiter erschwert. Diese Entwicklungen sind Teil eines größeren De-Coupling-Prozesses, der sich in den sinkenden FDI-Strömen in beide Richtungen manifestiert.
Ungarn übertrifft die „Big Three“ bei Investitionen aus China
Ungarn hat sich als führendes Ziel für Investitionen aus China etabliert, insbesondere durch den Boom im EV-Sektor. Im Jahr 2023 flossen 44 Prozent aller chinesischen Investitionen in Europa nach Ungarn, was einem Anstieg von 69 Prozent im EV-Sektor entspricht, verglichen mit 41 Prozent im Jahr 2022. Die Investitionen in Ungarn stiegen von durchschnittlich 89 Millionen Euro jährlich zwischen 2012 und 2021 auf 1,51 Milliarden Euro im Jahr 2022 und erreichten im Jahr 2023 beeindruckende 2,99 Milliarden Euro.
Dieser Anstieg ist auf Großinvestitionen in Batteriefabriken von CATL und Huayou Cobalt zurückzuführen. Damit hat sich Zentral- und Osteuropa als primäre Ziele für chinesische Investitionen herauskristallisiert, wobei Ungarn allein mehr chinesische Investitionen anzog als Frankreich, Deutschland und das Vereinigte Königreich zusammen.
China und seine EV-Offensive treiben Investitionswelle in Europa
Die Konzentration auf Ungarn geht einher mit der Spezialisierung der chinesischen Investitionen auf den EV-Sektor, also Fahrzeuge mit alternativen Antrieben. Der Anstieg in dem EV-Sektor in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 ist auch durch die Diskussion über mögliche Strafzölle zu erklären. Chinesische Unternehmen investieren nicht nur massiv in die Produktion von Elektrofahrzeugen und Batterien in Europa, sondern verfolgen auch eine größere strategische Vision, um eine führende Rolle in der globalen EV-Industrie zu spielen.
Die chinesischen Investitionen erstrecken sich zunehmend entlang der vor- und nachgelagerten Stufen der Wertschöpfungskette für Elektrofahrzeuge. Chinesische Zulieferer von Batteriekomponenten wie Kathoden und Anoden haben zwei Greenfield-Projekte angekündigt, die jeweils über eine Milliarde Euro wert sind und voraussichtlich 2024 den Grundstein legen werden. Der Batteriezulieferer CATL hat bereits 2023 mit dem Betrieb seiner Lithium-Ionen-Separatorfabrik im Wert von 340 Millionen Euro in Ungarn begonnen.
EU verschärft Prüfung chinesischer Investitionen
Die zunehmende Konzentration chinesischer Investitionen in bestimmten europäischen Regionen und Sektoren hat die Aufmerksamkeit der europäischen Regulierungsbehörden auf sich gezogen. In Reaktion darauf hat die Europäische Union ihre Bemühungen verstärkt, ausländische Investitionen zu überwachen und zu regulieren. Die EU schlägt aktualisierte Screening-Regulierungen vor, die darauf abzielen, die geografische und sektorale Reichweite der Prüfungen in Europa zu erweitern. Es wird an einer größeren Konsistenz und einem erweiterten Geltungsbereich für Screening-Regulierungen gearbeitet.
Diese verstärkten Regulierungsmaßnahmen zielen darauf ab, kritische Infrastrukturen und Schlüsseltechnologien zu schützen, was zu einer erhöhten Prüfung chinesischer Investitionen geführt hat und in einigen Fällen zu direkten Verboten. Chinesische Unternehmen, die in strategische Sektoren in Europa investieren möchten, können mit verstärkter regulatorischer Prüfung rechnen.
Entkoppelung von Europa: Ungarn und EV-Sektor als Ausnahmen
Die Dynamik der ausländischen Direktinvestitionen (FDI) zeichnet ein klares Bild des De-Couplings zwischen China und Europa, jedoch mit markanten Ausnahmen, die neue wirtschaftliche und politische Muster enthüllen. Ungarn, mit seinem eher autokratischen Führungsstil, der sich von den China-kritischen Tendenzen im westlichen Europa abhebt, hat sich als geografisches Zentrum für chinesische Investitionen etabliert. Diese Entwicklung lässt eine gewisse Sympathie für Chinas autoritäres Regierungssystem erkennen und stellt eine geopolitische Ausnahme in der ansonsten distanzierenden Haltung Europas dar.
Parallel dazu konzentrieren sich chinesische Investitionen verstärkt auf den EV-Sektor, ein Bereich, in dem China das Potenzial sieht, Europa zukünftig zu überflügeln. Diese strategische Fokussierung könnte langfristig die Wettbewerbslandschaft verändern und zeigt, dass das De-Coupling nicht nur eine Trennung, sondern auch eine Neuausrichtung der Kräfteverhältnisse mit sich bringt.
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