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08.10.2024
06:13 Uhr

Großbritannien übergibt Chagos-Inseln an Mauritius: Ein strategischer Schachzug?

Großbritannien übergibt Chagos-Inseln an Mauritius: Ein strategischer Schachzug?

Nach jahrzehntelangen Auseinandersetzungen hat Großbritannien zugestimmt, die Chagos-Inseln im Indischen Ozean an Mauritius zurückzugeben. Diese Entscheidung, die eine der letzten afrikanischen Kolonien betrifft, wurde nicht ohne erhebliche Kritik und politische Spannungen getroffen. Besonders die Beibehaltung der Militärbasis Diego Garcia durch Großbritannien und die USA sorgt für Diskussionen.

Die strategische Bedeutung von Diego Garcia

Die Militärbasis Diego Garcia, die sich auf der größten Insel des Archipels befindet, spielt eine zentrale Rolle in den geopolitischen Interessen des Westens. Der britische Außenminister David Lammy erklärte im Parlament, dass die Abtretung der Inseln an Mauritius die einzige Möglichkeit gewesen sei, die Kontrolle über diesen strategisch wichtigen Stützpunkt zu behalten. „Es war nur eine Frage der Zeit, bis wir nur noch die Wahl gehabt hätten, die Basis ganz aufzugeben – oder gegen internationales Recht zu verstoßen“, so Lammy.

Die Basis wird seit Jahrzehnten gemeinsam von den USA und Großbritannien genutzt und war besonders während des Kalten Krieges von zentraler Bedeutung. In jüngerer Zeit diente sie als Ausgangspunkt für US-Luftwaffeneinsätze in Afghanistan und im Irak.

Kritik und politische Spannungen

Die Entscheidung Londons, die Chagos-Inseln abzutreten, stieß auf heftige Kritik, insbesondere aus konservativen Kreisen. Robert Jenrick, ein ehemaliges Regierungsmitglied und Anwärter auf die Führung der Konservativen Partei, bezeichnete die Vereinbarung als „gefährliche Kapitulation“. Er warf der Regierung vor, britisches Hoheitsgebiet an einen kleinen Inselstaat abgetreten zu haben, der als enger Partner Chinas gilt. Diese Kritik spiegelt eine tiefe Besorgnis über den wachsenden Einfluss Chinas in der Region wider.

Ein Schritt zur Entkolonialisierung?

Mauritius’ Regierungschef Pravind Jugnauth begrüßte die Vereinbarung als einen bedeutenden Schritt zur Entkolonialisierung des Archipels. Er betonte, dass es auch für ein kleines Land möglich sei, „gegenüber großen Mächten Gerechtigkeit“ zu erreichen. Dies ist besonders bedeutsam, da Mauritius bereits 2019 vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) Recht bekommen hatte, der Großbritannien aufforderte, die Chagos-Inseln abzutreten.

Die Frage der Vertriebenen

Mit der Rückgabe der Inseln könnte auch die Frage nach den fast 2000 zwangsumgesiedelten indigenen Bewohnern der Chagos-Inseln wieder aufkommen. Zwischen 1968 und 1973 wurden diese Bewohner nach Großbritannien, Mauritius und auf die Seychellen zwangsumgesiedelt, um Platz für die Militärbasis zu schaffen. In der jetzt veröffentlichten gemeinsamen Erklärung heißt es, das Abkommen würde das „Unrecht der Vergangenheit“ beseitigen und die Chagossianer unterstützen. Dennoch kritisierte die Organisation „Chagossian Voices“, die die Interessen der Vertriebenen vertritt, dass sie nicht an den Verhandlungen beteiligt gewesen sei.

Die geopolitischen Implikationen

Die Entscheidung Großbritanniens, die Chagos-Inseln an Mauritius abzutreten, könnte weitreichende geopolitische Implikationen haben. Lammy betonte, dass das Abkommen „entscheidend für unsere nationale Sicherheit“ sei und „dem Vereinigten Königreich, den USA und Mauritius“ nütze. Er fügte hinzu, dass eine Einigung erzielt werden musste, bevor der Internationale Gerichtshof ein verbindliches Urteil gegen Großbritannien erlasse, das die Zukunft der Militärbasis Diego Garcia gefährdet hätte.

Diese Entwicklungen zeigen einmal mehr, wie komplex und vielschichtig die internationalen Beziehungen sind. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Entscheidung auf die geopolitische Landschaft im Indischen Ozean und darüber hinaus auswirken wird.

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