EU-Spitzenposten: Von der Leyen, Costa und Kallas vor Nominierung
Die europäischen Spitzenposten stehen vor einer bedeutenden Neubesetzung. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erwartet eine Einigung beim EU-Gipfel, der am Donnerstag beginnt. In seiner Regierungserklärung im Bundestag zeigte sich Scholz zuversichtlich. Besonders im Fokus stehen dabei Ursula von der Leyen, António Costa und Kaja Kallas, die für zentrale Positionen innerhalb der EU nominiert werden sollen.
Kommissionspräsidentin: Ursula von der Leyen
Die CDU-Politikerin Ursula von der Leyen, die seit fast fünf Jahren die EU-Kommission führt, kann auf eine zweite Amtszeit hoffen. In Brüssel gilt es als nahezu sicher, dass die Staats- und Regierungschefs die 65-Jährige für eine weitere Amtszeit vorschlagen. Die Europäische Volkspartei (EVP), zu der auch CDU und CSU gehören, wurde bei den Europawahlen mit von der Leyen als Spitzenkandidatin stärkste Kraft. EVP, Sozialdemokraten und Liberale einigten sich bereits vorab auf das Personalpaket.
In ihrer ersten Amtszeit trat von der Leyen als Krisenmanagerin auf, sei es in der Corona-Pandemie oder im Ukraine-Krieg. Ihr Vorzeigeprojekt, das Klimaschutzpaket „Green Deal“, soll Europa bis 2050 zum weltweit ersten klimaneutralen Kontinent machen. Unter dem Druck der Bauernproteste musste sie jedoch zuletzt Abstriche machen.
Von der Leyen, Mutter von sieben Kindern, war vor ihrem Wechsel nach Brüssel in Deutschland Bundesministerin für Familie, Arbeit und Verteidigung. Die Überraschung kam nach den Europawahlen 2019, als Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sie mit Hilfe von Kanzlerin Angela Merkel als neue Kommissionschefin durchsetzte. Die EU-Kommission mit mehr als 30.000 Beamten ist die mächtigste Behörde Europas und schlägt Gesetze vor. Zudem wacht sie über die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit und Haushaltsregeln und kann Wettbewerbsstrafen gegen Weltkonzerne wie Google und Microsoft verhängen.
Ratspräsident: António Costa
António Costa, der frühere portugiesische Regierungschef, soll die Nachfolge des Belgiers Charles Michel als Ratspräsident übernehmen. Der Sozialdemokrat trat im November wegen Korruptionsvorwürfen zurück, die er jedoch zurückweist. Costa beschreibt sich selbst als pragmatischen Mann des Kompromisses, was ihm als Ratspräsident zugutekommen könnte. Er leitet die Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs und vermittelt bei Konflikten. Die Amtszeit beträgt zweieinhalb Jahre, kann aber, wie in der Vergangenheit üblich, auf fünf Jahre verlängert werden.
Der am 17. Juli 1961 geborene Costa hatte in Portugal verschiedene Regierungsposten inne und saß kurz im Europaparlament, bevor er 2015 für rund acht Jahre Ministerpräsident wurde.
Außenbeauftragte: Kaja Kallas
Die estnische Regierungschefin Kaja Kallas soll die Nachfolge des Spaniers Josep Borrell als EU-Außenbeauftragte antreten. Die 47-jährige Liberalen-Politikerin ist die einzige Osteuropäerin in dem neuen Personaltableau. Kallas kämpft in der EU für eine harte Linie gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und unterstützt die Ukraine stark. Eigentlich wollte sie NATO-Generalsekretärin werden, galt dafür jedoch als zu unverblümt.
Kallas gilt in ihrer Heimat als „Eiserne Lady“, obwohl sie äußerlich wenig mit der früheren britischen Premierministerin Margaret Thatcher gemein hat. Die Tochter des früheren EU-Kommissars und estnischen Regierungschefs Siim Kallas wurde am 18. Juni 1977 geboren, als Estland noch zur Sowjetunion gehörte. Nach der Unabhängigkeit 1991 studierte sie Jura, zog später in das nationale wie in das Europaparlament ein und wurde 2021 die erste Frau an der Regierungsspitze Estlands.
Die Rolle des „Hohen Vertreters für Außen- und Sicherheitspolitik“ wurde vor rund 15 Jahren geschaffen. Er leitet den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) mit rund 4500 Mitarbeitern und gehört zugleich der EU-Kommission an, da die Mitgliedsländer Diplomatie als vorwiegend nationale Aufgabe sehen.
Diese bevorstehenden Nominierungen zeigen erneut, wie wichtig stabile und erfahrene Führungspersönlichkeiten in der EU sind. Angesichts der zahlreichen Herausforderungen, vor denen Europa steht, ist es umso bedeutender, dass die richtigen Personen an den entscheidenden Positionen stehen.