
EU-Kehrtwende in der Agrarpolitik: Brüssel rudert bei Viehhaltung zurück
Eine überraschende Wende zeichnet sich in der europäischen Agrarpolitik ab. Der neue EU-Kommissar für Landwirtschaft und Ernährung, Christophe Hansen, distanziert sich von der bisherigen Politik der EU-Kommission und stellt sich demonstrativ hinter die protestierenden Landwirte. Die jahrelange ideologisch geprägte Haltung Brüssels, die Viehbestände um jeden Preis reduzieren zu wollen, scheint damit vorerst Geschichte.
Ein Kommissar mit landwirtschaftlichen Wurzeln
Anders als viele seiner Vorgänger kennt Hansen die Landwirtschaft nicht nur aus Aktenbergen. Aufgewachsen auf einem Familienhof nahe der belgischen Grenze zu Luxemburg, bringt er praktische Erfahrung mit. Diese Herkunft spiegelt sich deutlich in seinem neuen Politikansatz wider. Bei einem Treffen mit dem niederländischen Landwirtschafts- und Gartenbauverband fand er klare Worte: Die Landwirte seien zu lange in die Ecke gedrängt worden - damit müsse nun Schluss sein.
Pragmatismus statt grüner Ideologie
Der neue Kurs markiert einen deutlichen Bruch mit der bisherigen Politik der EU-Kommission. Statt pauschaler Reduktionsziele und ideologisch motivierter Auflagen setzt Hansen auf einen pragmatischen Ansatz. "Eine Einheitsgröße für alle" könne nicht die Antwort auf die vielfältigen Herausforderungen sein. Vielmehr müssten regionale Besonderheiten berücksichtigt und maßgeschneiderte Lösungen gefunden werden.
Fokus auf wirtschaftliche Existenzsicherung
Bemerkenswert ist vor allem die neue Prioritätensetzung: An erster Stelle steht nun die wirtschaftliche Absicherung der Landwirte. Hansen betont, dass es sich wieder lohnen müsse, Landwirt zu sein. Die Tatsache, dass nur 12 Prozent der EU-Landwirte unter 40 Jahre alt sind, sieht er als alarmierendes Signal. Um den Generationswechsel zu fördern, sollen mindestens 3 Prozent der Direktzahlungen für die Förderung junger Landwirte reserviert werden.
Strategische Autonomie statt Import-Abhängigkeit
Ein weiterer Kernpunkt ist die Stärkung der europäischen Produktionskapazitäten. Hansen warnt eindringlich davor, durch überzogene Auflagen die heimische Produktion zu schwächen und sich in eine gefährliche Import-Abhängigkeit zu begeben. Vor dem Hintergrund der angespannten geopolitischen Lage und drohender Handelskonflikte mit den USA erscheint diese Position weitsichtiger denn je.
Freiwilligkeit statt Zwang
Auch beim Thema Nachhaltigkeit schlägt Hansen neue Töne an. Statt verbindlicher Vorgaben setzt er auf Freiwilligkeit und die Expertise der Landwirte selbst. Ein neuer "Nachhaltigkeitskompass" soll entwickelt werden - aber als Hilfestellung, nicht als Zwangsjacke. Diese Abkehr von der bisherigen Verbotspolitik könnte den Weg für einen echten Dialog zwischen Landwirtschaft und Umweltschutz ebnen.
Ob dieser neue Kurs tatsächlich Bestand haben wird, muss sich allerdings erst noch zeigen. Zu mächtig sind die Interessengruppen, die bisher von der landwirtschaftsfeindlichen Politik profitierten. Doch die klaren Worte des neuen Kommissars machen Hoffnung, dass die Stimme der Landwirte in Brüssel endlich wieder Gehör findet.

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