Das Mindestreserve-System der EZB – das steckt dahinter
Die EZB hat mehrere geldpolitische Instrumente, mittels derer sie zum Beispiel die Inflation sowie die Wirtschaft beeinflussen kann. Neben den Leitzinsen zählt dazu unter anderem die Mindestreserve. In dem Fall hat die Zentralbank die Möglichkeit, den Mindestreservesatz zu verändern.
Wir erklären im folgenden Beitrag, was die Mindestreserve ist und wie das System funktioniert. Wir gehen ferner darauf ein, was die Hauptziele der Mindestreserve sind, wie die EZB durch eine Veränderung des Satzes Einfluss nimmt und welche Konsequenzen die Mindestreservepolitik in der Praxis auf das Eurosystem haben kann.
Was ist die Mindestreserve?
Die Mindestreserve ist eine Auflage der EZB an die Banken, welche verlangt, dass Einlagen in einem bestimmtem Umfang auf den Girokonten der jeweils nationalen Zentralbank (z.B. Bundesbank) zu haben. Es handelt sich dabei um eine Pflichteinlage, die zu entrichten ist.
Die alternativen Bezeichnungen für diese Einlagen sind:
- Mindestreserve
- Mindestreservesoll
- Reservesoll
Die Berechnung der Höhe, in der die Kreditinstitute die Mindestreserve bei einer Zentralbank wie der Bundesbank vorhalten müssen, findet durch eine Multiplikation der Mindestreservebasis mit dem Mindestreservesatz statt. Normalerweise legt die EZB für eine Periode zwischen sechs bis sieben Wochen fest, für wie lange die Mindestreserve erfüllt werden soll. Seit geraumer Zeit bewegt sich der Mindestreservesatz für die meisten Kundeneinlagen sowie Schuldverschreibungen bei einem Prozent. Die Mindestreserve gehört neben der Diskont- und Offenmarktpolitik zu den geldpolitischen Instrumenten der EZB. Durch das Mindestreserve-System soll in erster Linie die Steuerung der Nachfrage nach Geld erfolgen.
Wie funktioniert das Mindestreserve-System?
Die Aufgabe der Geschäftsbanken und sonstigen Banken innerhalb des Mindestreservesystems besteht darin, sicherzustellen, dass sie ausreichendes Guthaben als Einlagen bei der Bundesbank oder der anderen, nationalen Zentralbanken haben. Während der sogenannten Erfüllungsperiode muss deshalb ein bestimmter Mindestbetrag als Guthaben auf dem Konto bei der EZB als Zentralbankgeld vorhanden sein.
Während die Geschäftsbanken also im Rahmen der Erfüllungsperiode für ausreichendes Guthaben sorgen müssen, erfolgt auf das Mindestreservesoll als Guthaben eine Zinszahlung. Diese Zinsen werden auch Einlagefazilität genannt. Diese nimmt die Zentralbank, zum Beispiel die Bundesbank, gegen Ende des entsprechenden Zeitraums vor. Der Mindestreservesatz bezieht sich auf das Verhältnis zwischen Einlagen der Kunden und dem Guthaben, welches die Banken bei der EZB vorhalten müssen. Beläuft sich also der Mindestreservesatz zum Beispiel auf einen Prozent, müssen die Banken bei Kundeneinlagen und Schuldverschreibungen in Höhe von insgesamt 100 Millionen Euro im Gegenzug bei der EZB ein Guthaben von mindestens einer Millionen Euro halten.
Die Hauptziele des Mindestreserve-Systems
Es gibt mehrere Hauptziele, welche die EZB mit der Mindestreserve und somit durch das gesamte Mindestreserve-System verfolgt. Das sind im Wesentlichen:
- Die Steuerung der Geldmenge
- Die Stabilisierung der Finanzmärkte
- Die Steuerung der Inflation
Ein vorrangiges Ziel der Mindestreservepolitik besteht darin, die Geldmenge zu steuern. Dehnt die EZB die Mindestreservepflicht aus, hebt also den Mindestreservesatz an, führt diese Erhöhung automatisch zu einer Reduzierung der Geldmenge. Das hat zur Folge, dass die Banken weniger Kredite vergeben, weil sie eine höhere Reserve als Zentralbankgeld vorhalten müssen.
Ebenfalls ein Hauptziel der Mindestreservepflicht und der damit verbundenen Politik ist das Entgegenwirken der Inflation. Durch die Steuerung der Geldmenge will die Zentralbank, die Stabilität der Preise erreichen und eine zu hohe Inflation bekämpfen. Das geschieht in dem Fall durch die Erhöhung des Mindestreservesatzes. Darüber hinaus soll das Mindestreservesystem zur Stabilität der Finanzmärkte beitragen. Aufgrund der Tatsache, dass es eine Mindestreservepflicht gibt, wird seitens der EZB sichergestellt, dass die Banken ausreichende Reserven haben, um bestimmte Verbindlichkeiten abzudecken.
Wie beeinflusst die EZB die Märkte durch eine Änderung der Mindestreserve?
Die Grundvoraussetzung dafür, dass die EZB eine Veränderung der Mindestreservesätze vornehmen kann, ist ein funktionierendes Mindestreserve-System. Es gibt prinzipiell zwei Maßnahmen, welche die Zentralbank im Zusammenhang mit der Mindestreserve ergreifen kann:
- Senkung des Mindestreservesatzes
- Erhöhung des Mindestreservesatzes
Sollte die EZB den Mindestreservesatz senken, führt das bei den Banken dazu, dass die Kreditinstitute weniger Mindestreserve als Guthaben auf dem Konto der Zentralbank vorhalten müssen. Das wiederum bedeutet, dass den Geschäftsbanken mehr Geld zur Verfügung steht, sodass diese mehr Liquidität haben. Die Auswirkung soll darin bestehen, dass die Kreditinstitute günstigere und somit in größerem Umfang neue Darlehen vergeben können. Zudem reduziert sich normalerweise die Nachfrage nach weiterem Geld, da der Markt weitestgehend mit Liquidität versorgt ist.
Sollte die EZB hingegen den Mindestreservesatz erhöhen, wird das Geld am Markt knapper. In dem Fall müssen die Geschäftsbanken mehr Guthaben auf ihrem EZB-Konto vorhalten, sodass sie weniger Geld zum Verleihen haben. Das führt in der Regel zu steigenden Zinsen, weil die Nachfrage im Verhältnis zum Angebot größer geworden ist.
Wie unser heutiges Geldsystem funktioniert, lesen Sie im verlinkten Beitrag.
Das Mindestreserve-System und seine Konsequenzen
Die wesentliche Folge des Mindestreserve-Systems ist, dass die Zentralbank Einfluss auf wirtschaftliche Prozesse und Entwicklung der Konjunktur nehmen kann. Befinden wir uns zum Beispiel innerhalb einer Rezession, kann die Zentralbank den Mindestreservesatz senken. Es steht dem Markt in der Folge mehr Geld zur Verfügung und Investitionen können zum Beispiel durch eine Kreditvergabe vorangetrieben werden.
Manchmal ist die Mindestreservepolitik allerdings in dieser Wirtschaftslage zu restriktiv, sodass sie Banken zu wenig Geld für die Darlehensvergabe besitzen. Ebenfalls negative Auswirkungen kann die Mindestreservepolitik haben, wenn die Anforderungen an die Geschäftsbanken im Hinblick auf die Mindestreserve generell zu hoch sind. Das führt zu einer deutlichen Reduzierung der Geldmenge, Kreditinstitute vergeben weniger Darlehen und dadurch werden eventuell wichtige Investitionen und damit der Aufschwung gebremst bzw. sogar verhindert.
Was passiert bei einem Bank-Run?
Ein von vielen Banken und Experten befürchtetes Ereignis ist ein sogenannter Bankrun. Damit ist gemeint, dass eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Kunden Einlagen von ihren Konten verfügen. Ein solcher Run auf die Banken könnte schlimmstenfalls sogar die Insolvenz einer oder mehrerer Kreditinstitute zur Folge haben. Warum ist das so? Aufgrund der Mindestreserve müssen die Kreditinstitute nur einen sehr kleinen Teil ihrer kurzfristig fälligen Kundeneinlagen, wie zum Beispiel Tagesgeld oder Sichteinlagen, als Reserve vorhalten.
Wenn der Mindestreservesatz ein Prozent beträgt, sind es entsprechend bei 500 Millionen Euro Einlagen lediglich fünf Millionen Euro an Mindestreserve. Wenn nun besonders viele Kunden Gelder abgeben, also ein sogenannter Bankrun entsteht, würden diese Rücklagen nicht ausreichen. Die Folge dessen: Die Geldausgabe muss rationiert werden oder manche Kunden erhalten schlichtweg kein Geld mehr von der Bank. Das wiederum würde aller Voraussicht nach eine Panik auslösen. Noch mehr Kunden würden versuchen, Geld bei den Banken abzugeben. Daraus ergibt sich eine fatale Kettenreaktion, die dazu führen kann, dass die Bank nicht mehr liquide ist und Insolvenz anmelden muss.
Das Problem ist also, dass die gut gemeinte Mindestreserve ein solches Szenario nicht verhindern kann. Denn die Mindestreserve-Sätze sind zu niedrig, um einen Bankrun abzufedern.
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Wie können Anleger Ihre Liquidität erhalten?
Das Beispiel des Bank Runs zeigt, dass es in bestimmten Situationen trotz Mindestreserve-System nicht sicher ist, als Kunde im gewünschten Umfang über ihre kurzfristigen Einlagen verfügen können. Das kann fatale Folgen haben: Nämlich einen Mangel an Liquidität. Um das zu verhindern, sollten Sie einen Teil Ihres Vermögens physisch in Gold investieren. Goldbarren oder Goldmünzen sind sehr liquide und fallen vor allem nicht unter das Mindestreserve-System – man ist gänzlich unabhängig vom Bankensystem. Sie haben jederzeit Zugriff und sorgen durch das Edelmetall dafür, dass Sie selbst im Falle eines Bank Runs noch über genügend liquide Mittel verfügen.
Mehr zum Thema Bankrun sehen Sie auch in unseren Videos
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