Deutschlands Haftung bei der EU-Förderbank: Ein wachsendes Risiko ohne ausreichende Kontrolle
Die Europäische Investitionsbank (EIB) weitet ihr Geschäft immer weiter aus. Im Mai beschloss der Verwaltungsrat der EU-Förderbank, dass Hersteller von Hubschraubern und Drohnen leichter an zinsgünstige Darlehen und Garantien kommen. Die Vorschriften für sogenannte Dual-Use-Güter, also für Produkte, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können, wurden gelockert. Geht es nach Ländern wie Polen und den baltischen Staaten, war das erst der Anfang. Die Förderbank der Europäischen Union mit Sitz in Luxemburg soll noch sehr viel stärker gerade kleine und mittelgroße Unternehmen aus dem Verteidigungssektor bei Investitionen unterstützen. Schon ist von einer neuen Rüstungsbank die Rede, die gerade entsteht.
Noch liegt der Schwerpunkt des Geschäfts der EIB auf dem Klimaschutz. Der Expansionsdrang stößt jedoch nicht auf ungeteilte Freude. Der Bundesrechnungshof weist in einem 35-seitigen Sonderbericht darauf hin, dass mit zunehmender Größe die Haftungsrisiken für die EU-Mitgliedstaaten und damit letztlich für die Steuerzahler steigen. Aus Sicht der Bonner Behörde kann die EIB zu eigenmächtig agieren.
„Der Aufsichts- und Kontrollrahmen der EIB ist mit Blick auf die Haftungsrisiken Deutschlands und die EU-Bankenstandards nicht ausreichend“, sagt Rechnungshofs-Präsident Kay Scheller.
Mache die Bank Verluste, die sie nicht aus dem eingezahlten Kapital und den Reserven decken könne, müssten die EU-Mitgliedstaaten Kapital nachschießen. Diese Risiken müssten vom Bund sehr viel stärker in den Blick genommen werden, mahnt Scheller. „Das Schutzniveau ist zu gering.“
Die EIB gilt als größte multilaterale Förderbank der Welt. Die Bilanzsumme entspricht mit 550 Milliarden Euro der einer Commerzbank. Das gezeichnete Kapital aus den Haushalten der EU-Mitgliedstaaten hat sich in den vergangenen Jahren auf 249 Milliarden Euro erhöht. Deutschland steht mit 46,7 Milliarden Euro für Kreditausfälle gerade. Das ist achtmal mehr als 1990. Damals lag der maximale deutsche Haftungsbetrag bei 5,5 Milliarden Euro.
Wie groß die Aufsichts- und Kontrolllücke ist, lässt sich laut Bundesrechnungshof nicht genau beziffern. „Geschätzt drei Viertel der Aktivitäten der EIB sind einer wirksamen Kontrolle durch eine unabhängige Institution entzogen“, sagt Scheller. Lediglich die Förderprojekte, die direkt aus dem EU-Haushalt finanziert werden, würden von einer externen Institution geprüft, nämlich dem Europäischen Rechnungshof.
Die Geschäfte, die direkt durch das von den Mitgliedsländern gezeichnete Kapital abgesichert sind, würden dagegen nicht geprüft. „Diese Prüfungslücke sollte schnellstmöglich geschlossen werden“, fordert der Bundesrechnungshof, auch um die Transparenz gegenüber den nationalen Parlamenten und der Öffentlichkeit zu erhöhen. Es ist nicht so, dass die EIB-Mitarbeiter machen können, was sie wollen. Doch für die Kontrolle des Großteils der Mittel ist ein interner, von der EIB selbst eingerichteter Prüfungsausschuss mit sechs Mitgliedern zuständig. Ernannt werden die sechs Mitglieder vom Rat der Gouverneure, in dem die Finanzminister der EU-Staaten sitzen. „Eine Berichtspflicht gegenüber dem Europäischen Parlament oder den mitgliedstaatlichen Parlamenten besteht nicht“, kritisiert der Bundesrechnungshof in seinem Bericht.
Ohnehin dürfe der Prüfungsausschuss lediglich prüfen, ob die Geschäfte ordnungsgemäß abgewickelt, aber nicht, ob die Mittel auch wirksam und wirtschaftlich eingesetzt würden. Zwar habe es nicht zuletzt auf Betreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) in den vergangenen Jahren Verbesserungen ergeben. Doch der als Ersatz für fehlende externe Kontrolle eingerichtete „interne Überprüfungs- und Bewertungsprozess bleibt weit hinter dem EU-Bankenstandard zurück“, schreiben die Beamten des Rechnungshofs weiter.
Wie in solchen Berichten üblich, sind auch die vor Veröffentlichung eingeholten Stellungnahmen der kritisierten Institutionen enthalten. Die Förderbank erklärte demnach, dass sie Änderungen nicht für notwendig halte. Sie wende die für Geschäftsbanken maßgeblichen Rechtsakte und Leitlinien freiwillig an. Als Beleg für ihr funktionierendes Risikomanagement habe die EIB angegeben, dass sie seit ihrer Gründung im Jahr 1958 „durchgehend rentabel gewesen sei und keine Verluste verzeichnet habe“. Das BMF habe darauf verwiesen, dass mit der Einführung eines eigenen aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses vor drei Jahren bereits ein wichtiger Meilenstein erreicht worden sei. Man werde sich gleichwohl für weitere Verbesserungen einsetzen.
An der Kritik des Rechnungshofs ändert dies nichts: Es sei nicht ersichtlich, warum die EU-Mitgliedstaaten ein geringeres Schutzniveau akzeptieren sollten.
Die Beamten weisen in ihrem Bericht in einem Kapitel noch auf ein konkretes Projekt hin, das aus ihrer Sicht von der EIB nicht hätte finanziert werden dürfen – nicht weil es zu risikoreich ist, sondern weil die Förderbank aus Sicht des Rechnungshofs dafür schlicht nicht zuständig ist: für den Neubau eines Konferenzzentrums der EU-Kommission in Brüssel. Anfang 2022 genehmigte die EIB dafür ein Darlehen über 120 Millionen Euro. Dies habe mit den eigentlichen Aufgaben nichts zu tun. Die EIB sei zwar die Förderbank der EU-Mitgliedstaaten. „Sie darf aber nicht zur Hausbank der EU-Institutionen werden“, heißt es. Andernfalls könne die EIB immer weniger ihrer begrenzten Ressourcen für ihre eigentlichen Aufgaben einsetzen.
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