Deutschland blockiert EU-Verfahren zur "Chatkontrolle": Kinderschutz bleibt auf der Strecke
Sexuelle Gewalt gegen Kinder ist eines der abscheulichsten Verbrechen unserer Zeit. Dennoch hat Deutschland in der EU erneut ein Verfahren blockiert, das darauf abzielt, diese Verbrechen einzudämmen. Die Debatte um die sogenannte "Chatkontrolle" zieht sich nun schon seit mehr als zwei Jahren hin, ohne dass eine Lösung in Sicht ist. Die Priorität scheint auf der Wahrung der Privatsphäre zu liegen, während der Kinderschutz vernachlässigt wird.
Ein Kommentar von Kathrin Schmid, ARD Brüssel
In dieser langwierigen Debatte gibt es bisher einen klaren Sieger: das Lager aus Bürgerrechtsorganisationen, Datenschutz-Lobby und Vertretern eines "freien Netzes für freie Bürger". Besonders in Deutschland wird erregt über drohende Eingriffe in die Privatsphäre diskutiert, während die eigentliche Frage nach dem Kinderschutz fast völlig aus dem Blickfeld gerät. Dies geschieht trotz der alarmierenden Tatsache, dass die Zahl der gefundenen Missbrauchsbilder in Deutschland zuletzt stark angestiegen ist.
Kampfbegriff "Chatkontrolle"
Der Begriff "Chatkontrolle" selbst ist ein geschickter Kampfbegriff, der vor allem von der Piratenpartei geprägt wurde. Er weckt Assoziationen an Big-Brother-Szenarien und ein neugieriges Mitlesen im Familien-Chat. Tatsächlich würde es sich jedoch um ein automatisiertes Verfahren handeln, bei dem Bilder mittels einer Software gescannt werden, um Kinderschänder-Ringe aufzudecken.
Kinderschänder-Ringe aufdecken? Nur mit US-Behörden
Die Gegner der "Chatkontrolle" argumentieren, dass es um die Verteidigung des Briefgeheimnisses gehe. Doch dieser Vergleich hinkt: Über Plattformen wie Meta und Google können Bilder und Videos missbrauchter Kinder in Sekundenschnelle um die Welt geschickt und vervielfältigt werden. Die großen Fahndungserfolge gegen Kinderschänder-Ringe in Deutschland, wie in Bergisch Gladbach oder auf einem Campingplatz in Lügde, waren nur dank der Daten amerikanischer und kanadischer Behörden möglich. In der EU wäre dies wohl nicht möglich gewesen.
Deutschland verhindert Abstimmung
Deutschland hat gemeinsam mit einigen anderen Ländern eine Sperrminorität in der EU aufrechterhalten, sodass der aktuelle Gesetzestext festhängt und auf unbestimmte Zeit vertagt wurde. Es bleibt zu hoffen, dass diese Zeit genutzt wird, um auf den Kern des Themas zurückzukommen: Was tun wir gegen dieses furchtbare Verbrechen? Die Verbreitung von Missbrauchsbildern muss gestoppt werden, und dafür sind wir möglicherweise gezwungen, gewisse Einschränkungen im Netz in Kauf zu nehmen.
Die Frage bleibt: Welchen Preis sind wir bereit zu zahlen, um den Kinderschutz zu gewährleisten? Die aktuelle Blockadehaltung Deutschlands in der EU zeigt, dass die Prioritäten anders gesetzt sind. Doch die Opfer dieser Verbrechen verdienen unseren Schutz und unsere Aufmerksamkeit.
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