Deutsche Autoindustrie in der Krise: Hohe Produktionskosten gefährden Wettbewerbsfähigkeit
Verbandschefin Müller kritisiert Wirtschaftspolitik
Die deutsche Automobilindustrie steht vor einer ernsten Herausforderung. Hildegard Müller, die Chefin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), hat die hohen Produktionskosten in Deutschland scharf kritisiert. Sie erklärte, dass Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig sei, um Autos zu produzieren. Besonders die Energie- und Bürokratiekosten, aber auch die Arbeitskosten seien im Vergleich zu anderen Ländern zu hoch.
Hohe Kosten und mangelnde Infrastruktur
Müller betonte, dass die Politik in Deutschland nur die Symptome, aber nicht die Ursachen bekämpfe. Die Automobilindustrie fordere eine Verbesserung des "Ökosystems" Elektromobilität, insbesondere durch den Ausbau von Ladestationen und niedrigere Strompreise. Steuern und Umlagen verteuerten jedoch den Strom erheblich. Trotz gewaltiger Investitionen in die E-Mobilität sei Deutschland weltweit zwar noch der zweitgrößte Produzent von Elektroautos nach China, doch die hohen Standortkosten erschwerten die Produktion kleiner, günstiger Autos.
Rückläufige Gewinne bei VW und BMW
Die deutschen Autobauer Volkswagen (VW) und BMW haben in letzter Zeit über sinkende Einnahmen geklagt. VW verzeichnete im zweiten Quartal 2024 einen Gewinnrückgang um 4,2 Prozent auf 3,63 Milliarden Euro. BMW kämpfte vor allem mit der Konkurrenz im wichtigen Markt China, was zu einem Rückgang des Börsenkurses auf den tiefsten Stand seit knapp zwei Jahren führte. Volkswagen-Konzernchef Oliver Blume warnte, dass der Standort Deutschland bei der Wettbewerbsfähigkeit weiter zurückfalle und kündigte ein milliardenschweres Sparprogramm an, das auch Werksschließungen nicht ausschließe.
Personalrochaden bei Volkswagen
Inmitten der Krise plant Volkswagen eine Umstrukturierung im Management. Laut dem Manager Magazin soll der Finanzvorstand der Kernmarke, Patrik Andreas Mayer, seinen Posten verlieren und zur spanischen Konzerntochter Seat wechseln. Der bisherige Seat-Finanzchef David Powels soll den Posten in Wolfsburg übernehmen. Powels erzielte zuletzt eine Rendite von 5,2 Prozent, während die Rendite der Marke VW im zweiten Quartal auf 2,3 Prozent gesunken war.
EU-Kommission zeigt sich besorgt
Die angespannte Situation der deutschen Autoindustrie hat auch die Europäische Kommission alarmiert. Der scheidende Industriekommissar Thierry Breton äußerte sich besorgt über die Ankündigungen von Werksschließungen und führte die Krise darauf zurück, dass es den europäischen Herstellern nicht gelinge, ihre Kunden von der Elektromobilität zu überzeugen. Breton betonte, dass der Erfolg des Umstiegs auf Elektromobilität in Europa entscheidend vom Ausbau der Ladeinfrastruktur abhänge, wobei es erhebliche Defizite gebe.
Ampel-Politiker fordern neue EU-Industriestrategie
Angesichts der Krise bei Volkswagen fordern Vertreter der Ampel-Koalition eine ambitionierte Industriestrategie der EU. SPD-Chef Lars Klingbeil appellierte an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, eine Strategie vorzulegen, die die europäische Wettbewerbsfähigkeit stärkt. Auch die FDP sieht die EU-Kommission in der Pflicht und kritisiert die bürokratischen Hürden, die den Automobilherstellern im Weg stehen. FDP-Fraktionschef Christian Dürr forderte die Abschaffung der Flottenregulierung, die seiner Meinung nach zu irrsinniger Bürokratie führe, ohne CO2 einzusparen.
Die deutsche Automobilindustrie steht somit vor großen Herausforderungen. Es bleibt abzuwarten, ob die Politik die notwendigen Maßnahmen ergreifen wird, um die Wettbewerbsfähigkeit der Branche zu sichern und die drohenden Werksschließungen abzuwenden.
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