Äthiopien im Sog des Größenwahns: Milliarden für Prunkpalast trotz Staatspleite
Während der 77-jährige Yimer Tamene am Rande von Addis Abeba um seine bescheidene Existenz bangt, plant die äthiopische Regierung unter Premierminister Abiy Ahmed ein Projekt von monumentaler Größenordnung: Einen Palast, der mit geschätzten Kosten von bis zu zehn Milliarden Dollar zu den teuersten der Welt zählen soll. Dieser "Nationalpalast", finanziert durch private und internationale Spenden, darunter vermutlich auch Gelder aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, steht in krassem Gegensatz zu den Notlagen der Bevölkerung und der prekären finanziellen Lage des Landes.
Die Ironie des Schicksals lässt sich kaum übersehen: Äthiopien, ein Land, das erst kürzlich seine Zahlungsunfähigkeit erklärte und internationale Hilfen in Milliardenhöhe kassiert, setzt auf ein Prestigeprojekt, das die nationale Identität stärken soll. Doch was bedeutet nationale Identität für Menschen wie Tamene, die von Enteignung und Verdrängung bedroht sind?
Ein Palast auf Kosten der Armen?
Das gigantische Bauvorhaben, bekannt als "Chaka" (Wald), umfasst neben dem Palast auch eine Satellitenstadt mit Villen, Luxushotels und künstlichen Seen. Es entsteht auf einem Fundament der sozialen und wirtschaftlichen Zerrüttung: Eine Inflationsrate von fast 30 Prozent und eine Staatsverschuldung, die nach dem Tigray-Krieg und dem Ausfall von Anleihezahlungen in die Höhe schnellt.
Die äthiopische Regierung sieht sich mit der Herausforderung konfrontiert, etwa 20 Milliarden US-Dollar für den Wiederaufbau zu mobilisieren, während sie gleichzeitig eine der größten Infrastrukturinvestitionen ihrer Geschichte plant. Ein paradoxes Unterfangen, das international für Stirnrunzeln sorgt.
Widersprüchliche Signale in der Außenpolitik
Abiy Ahmeds Regierung zeigt sich auch in der Außenpolitik ambitioniert und umstritten. Die Füllung des GERD-Staudamms, der über 5000 Megawatt Strom generieren soll, wird trotz des Widerstands Ägyptens und der damit verbundenen Risiken für die Nil-Wasserzufuhr vorangetrieben. Darüber hinaus beansprucht Äthiopien einen "natürlichen" Zugang zum Meer, was Spannungen mit den Küstenländern des Roten Meeres, insbesondere Eritrea, schürt.
Neueste Entwicklungen wie die Absichtserklärung mit Somaliland über den Zugang zum Hafen von Berbera haben die regionalen Spannungen weiter verschärft und internationale Kritik, unter anderem von der Europäischen Union, hervorgerufen.
Die sozialen Kosten des Fortschritts
Während sich die Regierung auf ihre Großprojekte konzentriert, leidet die Bevölkerung unter den sozialen Folgen. Berichte über gekappte Trinkwasserversorgungen, die Anwohner zur Aufgabe ihrer Heimat zwingen, und unzureichende Kompensationen für enteignete Landbesitzer zeugen von einer Entwicklungspolitik, die Menschlichkeit und soziale Gerechtigkeit zu vernachlässigen scheint.
Die Stimmen der Bauarbeiter, die sich für die Mitarbeit an einem Projekt schämen, das auf dem Rücken der Armen errichtet wird, sind ein mahnendes Zeugnis für die Schattenseiten des äthiopischen Wachstumskurses.
Fazit: Ein Palast, der die Spaltung vertieft
Die Baustelle des "Nationalpalastes" bleibt für die Öffentlichkeit unzugänglich, abgeschirmt von Militärpräsenz. Äthiopiens Prestigeprojekt könnte zum Symbol für einen Größenwahn werden, der die Kluft zwischen Arm und Reich weiter vertieft. In einem Land, das von Hunger, Armut und Konflikten gezeichnet ist, erscheint der Bau eines solchen Palastes nicht nur als ökonomisch fragwürdig, sondern auch als moralisch bedenklich.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die internationale Gemeinschaft positionieren wird und ob Äthiopien seine ambitionierten Projekte tatsächlich realisieren kann – oder ob die Stimmen der Vernunft und Menschlichkeit letztlich Gehör finden werden.
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