Schufa-Score: Ein Spielball der Wirtschaft oder ein notwendiges Übel?
Die Schufa, Deutschlands größte Wirtschaftsauskunftei, steht unter Beschuss. Wie Recherchen von NDR und SZ aufdeckten, nutzen viele Unternehmen den sogenannten Schufa-Score, um zu entscheiden, ob sie mit potenziellen Kunden Geschäftsbeziehungen eingehen und unter welchen Bedingungen. Dieser Einsatz des Schufa-Scores könnte nun durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingeschränkt werden. Doch ist diese Praxis wirklich so verwerflich, wie sie auf den ersten Blick erscheint?
Die Schufa und ihre Rolle in der Wirtschaft
Der Schufa-Score ist eine Zahl, die die Bonität eines Verbrauchers bewertet. Unternehmen, insbesondere Energieversorger, nutzen diesen Score, um die Zahlungsfähigkeit von Neukunden zu beurteilen. Ein guter Score kann zu attraktiven Sonderverträgen mit günstigeren Konditionen führen, während ein schlechter Score oft nur die teurere Grundversorgung ermöglicht.
Die Schufa selbst bewirbt den Einsatz ihrer Scores in der Energieversorgerbranche ausdrücklich. Sie seien wichtig für ein "optimales Risikomanagement im Onboarding", also bei der Beurteilung der Bonität bislang unbekannter Kunden.
Kritik an der Schufa-Praxis
Die Kritik an dieser Praxis ist laut und deutlich. Michaela Engelmeier vom Sozialverband Deutschland (SoVD) bezeichnet das Vorgehen der Energieversorger als "im höchsten Maße unsozial und unsolidarisch". Matthias Spielkamp von der Nichtregierungsorganisation Algorithmwatch äußert ebenfalls Bedenken: "Man kann sich durchaus fragen, wie gerecht es ist, wenn gerade die Ärmsten der Gesellschaft einen Nachteil davon haben bei grundlegenden Dingen wie etwa der Energieversorgung."
"Anbieter müssen sagen, wie der Score in die Entscheidung eingeflossen ist, von wem der Score kommt. Und die Anbieter der Scores müssen sagen, welche Informationen da reingekommen sind mit welcher Gewichtung. Damit Verbraucherinnen ihre Scores verstehen können." - Johannes Müller, Verbraucherzentrale Bundesverband
Die Zukunft der Schufa
Der EuGH könnte die Verwendung des Schufa-Scores und vergleichbarer Bonitätsbewertungen deutlich einschränken. Der Generalanwalt am EuGH stellte in seinem Schlussplädoyer im März 2023 fest, dass der Schufa-Score nicht maßgeblich sein dürfe, wenn Unternehmen über Vertragsbeziehungen entscheiden. Er darf also kein K.O.-Kriterium sein.
Die Schufa bereitet sich offenbar auf eine solche Einschränkung vor. Sie arbeitet zusammen mit anderen Wirtschaftsauskunfteien auf eine Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) hin, die den Einsatz solcher Bewertungen weiterhin ermöglichen soll.
Fazit
Die Debatte um den Schufa-Score zeigt auf, dass es eine Balance zwischen den Interessen der Wirtschaft und den Rechten der Verbraucher geben muss. Es bleibt abzuwarten, wie der EuGH entscheiden wird und welche Auswirkungen dies auf die Geschäftspraktiken der Unternehmen und die Bonitätsbewertung der Verbraucher haben wird.
Während die Schufa und andere Wirtschaftsauskunfteien eine wichtige Rolle in der Wirtschaft spielen, dürfen sie nicht das Recht haben, über das Schicksal von Verbrauchern zu entscheiden. Es ist an der Zeit, dass die Politik eingreift und die Rechte der Verbraucher stärkt.