Polizeibesuch bei Blogger Tim Kellner: Ein Zeichen politischer Überwachung?
Der bekannte Blogger Tim Kellner, der unter dem Pseudonym „Love Priest“ agiert, wurde vergangene Woche von der Polizei in Bielefeld aufgesucht. Anlass war eine sogenannte Gefährderansprache, die aufgrund einer von ihm veröffentlichten Liste mit Namen von Bundestagsabgeordneten, die ein Verbotsverfahren gegen die AfD unterstützen, durchgeführt wurde.
Präventive Maßnahme oder politische Schikane?
Tim Kellner teilte auf seinem Telegram-Kanal eine Liste von Bundestagsabgeordneten, die sich für ein Verbot der AfD einsetzen. Diese Veröffentlichung löste bei der Bielefelder Polizei Alarm aus, die daraufhin einen Hausbesuch bei Kellner veranlasste. Die Beamten sprachen von einer präventiven Maßnahme „im Vorfeld einer strafbaren Handlung“, was bei vielen Beobachtern Fragen aufwirft.
Unverhältnismäßige Reaktion?
In einem Video auf seinem Telegram-Kanal berichtete Kellner, dass die Gefährderansprache telefonisch erfolgte, da er zum Zeitpunkt des Polizeibesuchs nicht zu Hause war. Die Polizei habe ihm mitgeteilt, dass unter seinen zahlreichen Followern auch gewaltbereite Personen sein könnten. „Ich habe mich immer klar von Gewalt distanziert, ich weiß gar nicht, was die Polizei von mir will“, so Kellner.
Historischer Kontext der Gefährderansprache
Die Gefährderansprache wurde 2004 von der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Landeskriminalämter und des Bundeskriminalamts eingeführt. Sie ist jedoch gesetzlich nicht verankert, wie eine Anfrage im Bundestag 2006 zeigte. Ein Gefährder wird als Person definiert, bei der bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wird.
Instrument zur Verhaltensbeeinflussung
Die Gefährderansprache soll dem potenziellen Täter signalisieren, dass polizeiliches Interesse an seiner Person besteht und die Gefährdungslage ernst genommen wird. Dies soll ein erhöhtes Tatentdeckungsrisiko verdeutlichen und zusätzliche Informationen für das polizeiliche Folgehandeln liefern.
Politische Implikationen
Der Fall Kellner wirft ein Schlaglicht auf die aktuelle politische Lage in Deutschland. Die Tatsache, dass ein Blogger wegen der Veröffentlichung einer Liste von Abgeordneten, die ein AfD-Verbot unterstützen, von der Polizei aufgesucht wird, könnte als Zeichen einer zunehmenden politischen Überwachung interpretiert werden. Kritiker könnten argumentieren, dass solche Maßnahmen die Meinungsfreiheit und die politische Vielfalt in Deutschland gefährden.
Ausblick auf das AfD-Verbotsverfahren
Der Antrag zum AfD-Verbot soll laut „Augsburger Allgemeine“ in dieser Woche in den Fraktionen diskutiert werden. Findet der Antrag eine Mehrheit, könnte ein Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht im Sommer 2025 beginnen. Die Entscheidung könnte dann eineinhalb bis vier Jahre dauern.
Dieser Vorfall zeigt einmal mehr, wie stark die politische Landschaft in Deutschland polarisiert ist und welche Maßnahmen die Behörden ergreifen, um potenzielle Gefährdungen zu verhindern. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation weiterentwickelt und welche Auswirkungen dies auf die politische Kultur in Deutschland haben wird.
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