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01.08.2024
06:49 Uhr

Polens Regierung plant Schusswaffengebrauch gegen Migranten zu legalisieren

Polens Regierung plant Schusswaffengebrauch gegen Migranten zu legalisieren

In Polen eskaliert der Grenzkonflikt mit Belarus. Ein neues Gesetz könnte den Schusswaffengebrauch gegen Migranten legalisieren. Der Europarat warnt vor den Konsequenzen.

Grenzkonflikt an der polnisch-belarussischen Grenze

Die Grenze zwischen Polen und Belarus, eine der am stärksten gesicherten Außengrenzen der EU, ist Schauplatz von bewaffneten Patrouillen und einer abgeriegelten Sperrzone. Unrechtmäßige Abschiebungen sind an der Tagesordnung, und der belarussische Diktator Alexander Lukaschenko bringt regelmäßig Migranten aus Schwellen- und Entwicklungsländern an die Grenze. Immer wieder werden Tote in den umliegenden Wäldern entdeckt. Dies ist seit Jahren der Fall.

Geplantes Gesetz zur Legalisierung des Schusswaffengebrauchs

Nun plant die liberale Regierung unter Premier Donald Tusk, die Grenzschützer mit noch mehr Macht auszustatten als ihre Vorgänger von der antiliberalen PiS: Sie sollen das Recht erhalten, auf Migranten zu schießen, wenn das polnische Unterhaus zustimmt. Die Regierung Tusk rechtfertigt dieses Gesetz mit der „nationalen Sicherheit“, nachdem ein 21-jähriger Grenzsoldat mutmaßlich von einem Migranten durch den Zaun erstochen wurde.

Kritik vom Europarat

Michael O’Flaherty, Menschenrechtskommissar des Europarates, äußerte seine Bedenken und betonte, dass nationale Sicherheit nicht „kein Freifahrtschein werden“ dürfe, um das geltende Völkerrecht zu ignorieren. Noch vor der Verabschiedung des Gesetzes Ende Juli schrieb O’Flaherty Briefe an Tusk, den Senatsvorsitzenden und das Innenministerium. Der Senat muss das Gesetz noch bestätigen, wie auf der Parlamentswebsite zu lesen ist.

Menschenrechtsverletzungen an der Grenze

O’Flaherty kritisierte in seinem Brief an Tusk das bestehende Grenzregime scharf: Er wies auf mehr als 7000 illegale Abschiebungen von Migranten an der Grenze zu Belarus hin, bevor diese einen Asylantrag stellen konnten. Dies stelle einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention dar. Darüber hinaus betonte er, dass die Sperrzone an der Grenze eine unzulässige Einschränkung der Menschenrechte von unterversorgten Migranten und eine besondere Beschränkung der Presse- und Informationsfreiheit darstelle.

Polens Menschenrechtler gegen das Gesetz

Auch in Polen gibt es Widerstand gegen das Gesetz, vor allem außerhalb des Parlaments: Der polnische Menschenrechtsbeauftragte Marcin Wiącek äußerte bereits „große Zweifel“ an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes. Der Schutz des menschlichen Lebens sei die oberste Pflicht des Rechtsstaates, sagte er der Zeitung Gazeta Prawna. Die polnische Menschenrechtsanwältin Hanna Machinska sagte dem Radiosender TOK FM: „Nichts rechtfertigt eine Lizenz zum Töten einzuführen“.

Koalition in der Krise

Seit Ende 2023 wird Polen von einer breiten Koalition von katholisch-konservativen bis linken Sozialdemokraten regiert, angeführt von der liberalkonservativen Bürgerplattform von Premier Tusk. Die Regierung war bisher hauptsächlich damit beschäftigt, den autoritären Umbau des Staates durch die antiliberale PiS rückgängig zu machen. Allerdings zeichnen sich nun auch erste ideologische Differenzen ab: Das Versprechen der Koalition, das äußerst restriktive Abtreibungsrecht der PiS zu liberalisieren, scheiterte an Abweichlern aus dem konservativen Lager.

Die geplante Legalisierung des Schusswaffengebrauchs gegen Migranten könnte Polen weiter in eine gefährliche Richtung treiben. Die Warnungen des Europarates und die Bedenken der Menschenrechtler sollten ernst genommen werden, um die Grundwerte der Europäischen Union und die Menschenrechte zu schützen.

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