Gesetz zur Chatkontrolle vorerst gestoppt
Keine Mehrheit im EU-Rat
Die geplante Chatkontrolle der EU ist vorerst gescheitert. Der Rat der Europäischen Union hat die Abstimmung über das kontroverse Gesetz kurzfristig vertagen müssen, da keine qualifizierte Mehrheit in Aussicht war. Zahlreiche Betreiber von Messenger-Diensten übten heftige Kritik an dem Vorhaben, das zum Schutz gegen sexualisierte Gewalt an Kindern gedacht ist. Der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Ulrich Kelber, hält die Chatkontrolle für ein „brandgefährliches Signal“.
Ein brandgefährliches Signal
Die EU-Kommission drängt seit längerem auf ein schärferes Vorgehen gegen Darstellungen von Kindesmissbrauch im Internet. Innenkommissarin Ylva Johansson hatte im Mai 2022 vorgeschlagen, Internet-Plattformen gesetzlich zum massenhaften Ausspähen privater Chatnachrichten zu verpflichten, um Bilder von Kindesmissbrauch aufzuspüren. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber erneuerte seine Kritik und bezeichnete die Chatkontrolle als „Europas Einstieg in eine anlasslose und flächendeckende Überwachung der privaten Kommunikation“.
Rechtsstaatliche Bedenken
Der juristische Dienst der EU hat die geplante Kontrolle ebenfalls scharf kritisiert. In einem internen Gutachten, das via Leak an die Medien gelangte, zweifelten die Juristen die Rechtmäßigkeit der Verordnung an. Die Pläne zur Chatkontrolle würden „den Kerngehalt des Grundrechts auf Achtung des Privatlebens“ verletzen, was der Europäische Gerichtshof (EuGH) nicht dulden würde. Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser lehnen eine solche Kontrolle ab.
Proteste und Widerstand
Die Piratenpartei warnt vor den Auswirkungen einer Chatkontrolle. Der Europaabgeordnete Patrick Breyer sieht ein Ende des Briefgeheimnisses im Netz und ruft zum Protest auf. „Kommt die Chatkontrolle durch, wird sie der ständigen Überwachung unserer privaten Chats für jegliche Zwecke Tür und Tor öffnen“, so Breyer. Auch Betreiber von Messenger-Diensten wie Signal und Threema äußerten sich kritisch und drohten, im Falle einer Umsetzung die EU zu verlassen.
Ein gefährlicher Präzedenzfall
Die Chatkontrolle könnte ein gefährlicher Präzedenzfall für die flächendeckende Überwachung in Europa sein. Die Privatsphäre ist ein fundamentales Menschenrecht, das auch die EU anerkennt. Artikel 7 der Charta der Grundrechte besagt: „Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihrer Kommunikation.“ Mit der Chatkontrolle würde die EU dieses Grundrecht verletzen.
Fazit
Das Thema Chatkontrolle ist noch nicht vom Tisch. Die Mitgliedsländer betonen die Priorität, Kinder vor sexueller Gewalt zu schützen. Allerdings müsse dies rechtsstaatlich und zielgerichtet erfolgen. Die Unionsfraktion im Bundestag befürwortet einen neuen Anlauf, während die Ampelregierung sich als Total-Blockierer präsentiert. Die juristische Ausgestaltung einer Chatkontrolle müsse mit geltenden europäischen und deutschen Grundrechten vereinbar sein.
Insgesamt bleibt abzuwarten, wie sich die Diskussion weiterentwickelt und ob die EU-Kommission einen neuen Anlauf für die Chatkontrolle wagt. Klar ist jedoch, dass die Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre und der Grundrechte der Bürger ernst genommen werden müssen.
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