EZB-Warnungen vor Bitcoin: Eine kritische Analyse
Seit Jahren warnen Ulrich Bindseil, Generaldirektor für Marktinfrastruktur und Zahlungsverkehr bei der Europäischen Zentralbank (EZB), und sein Kollege Jürgen Schaaf vor einem Totalverlust bei Bitcoin-Investitionen. In einem aktuellen Bericht bekräftigen die beiden ihre skeptische Haltung gegenüber der größten Kryptowährung.
Bitcoins Auswirkungen auf die Vermögensverteilung
In ihrem 29-seitigen Bericht mit dem Titel "The distributional consequences of Bitcoin" (dt. = Bitcoins Auswirkungen auf die Vermögensverteilung) analysieren Bindseil und Schaaf die möglichen gesellschaftlichen Folgen eines anhaltenden Bitcoin-Preisanstiegs. Während viele Ökonomen den Bitcoin-Boom als Spekulationsblase betrachten, die irgendwann platzen wird, möchten die EZB-Experten die Konsequenzen eines Bitcoin-positiven Szenarios beleuchten.
Die Grundthese der Autoren lautet, dass Bitcoin wertlos sei und das Produktionspotenzial der Wirtschaft nicht erhöhe. Ein anhaltender Wertzuwachs von Bitcoin würde demnach zu einer Umverteilung des Wohlstands führen, bei der die frühen Bitcoin-Besitzer auf Kosten der übrigen Gesellschaft profitieren. Diese Umverteilung wird als problematisch für die Gesellschaft angesehen.
Bitcoin als gesellschaftliches Risiko
Bindseil und Schaaf argumentieren, dass Bitcoin-Zahlungen auch 16 Jahre nach ihrer Einführung immer noch umständlich, langsam und teuer seien. Zudem sei der Wert von Bitcoin zu volatil, um als Rechnungseinheit, Zahlungsmittel oder Wertaufbewahrungsmittel zu dienen. Die Autoren behaupten, dass Bitcoin hauptsächlich für illegale Aktivitäten wie Steuerhinterziehung, Betrug, Ransomware, Umgehung von Sanktionen, Terrorismusfinanzierung, Drogenhandel und Geldwäsche verwendet werde.
Diese Behauptungen ignorieren jedoch die Tatsache, dass illegale Aktivitäten weniger als 0,5 % des gesamten Krypto-Volumens ausmachen. Dennoch bleibt die Kritik der EZB-Experten an der gesellschaftlichen Akzeptanz und Nutzung von Bitcoin bestehen.
Die Verarmung der Gesellschaft
Ein Preisanstieg von Bitcoin würde laut den Autoren die Gesellschaft verarmen lassen. Da Bitcoin wertlos sei und keinen realen wirtschaftlichen Nutzen bringe, würden Nicht-Besitzer und Nachzügler bei einem dauerhaften Preisanstieg verarmen. Die Autoren vergleichen dies mit dem Füllen eines Eimers, indem man Wasser aus einem anderen Eimer ablässt – die Nachzügler müssen zugunsten der frühen Inhaber etwas abgeben.
Diese Argumentation könnte jedoch auf alle Anlageklassen angewendet werden. Ein Anstieg des Goldpreises bereichert ebenfalls die Besitzer des Edelmetalls auf Kosten der Nicht-Besitzer. Dabei wird der Vorteil eines inflationsresistenten Vermögenswerts, der vor der Entwertung einer ständig verwässerten Währung schützt, oft übersehen.
Regierungen sollen Bitcoin verbieten
Bindseil und Schaaf fordern die Regierungen auf, Bitcoin zu verbieten oder Maßnahmen zu ergreifen, die einen weiteren Preisanstieg verhindern. Sie argumentieren, dass die Entwicklung des Bitcoin-Kurses maßgeblich von der Haltung der Regierung beeinflusst werde, einschließlich Regulierung, Gesetzgebung und potenziellen Bitcoin-Reserven.
Die Autoren sehen in der aktuellen EU-Regulierung, dem MiCA-Rahmenwerk, eine Gefahr für die Stabilität der Wirtschaft. Ihrer Meinung nach sollten Regierungsvertreter Gesetze vorschlagen, die Bitcoin verbieten oder zumindest seinen Preisanstieg verhindern, um die Wohlstandsumverteilung und die Spaltung der Gesellschaft zu stoppen.
Wie erfolgreich solche Bitcoin-Verbote sein können, lässt sich in Echtzeit in China verfolgen. Dennoch bleibt die Zukunft von Bitcoin und anderen Kryptowährungen ungewiss, und die Diskussion über ihre gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen wird weiterhin kontrovers bleiben.
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