EU-Wasserstoffstrategie: Unrealistische Ziele und physikalische Grenzen
Wasserstoff als Hoffnungsträger der Energiewende
Die Europäische Union hat ambitionierte Ziele für die Produktion von grünem Wasserstoff gesetzt, um die Dekarbonisierung der Energieversorgung voranzutreiben. Wasserstoff soll nicht nur als Speicher für grünen Strom, sondern auch als Rohstoff der Chemieindustrie und als Kraftstoff dienen. Doch die von der EU angestrebte Menge erfordert Produktionsanlagen, die 35 Stunden am Tag oder rund um die Uhr an 530 Tagen im Jahr laufen müssten – eine physikalische Unmöglichkeit.
Physikalische Unmöglichkeiten und Rechenfehler
Am 8. Juli 2020 präsentierte die Europäische Kommission ihre EU-Wasserstoffstrategie, die bis 2030 die Erzeugung von zehn Millionen Tonnen grünem Wasserstoff mithilfe von Elektrolyseuren mit einer elektrischen Leistungsaufnahme von mindestens 40 Gigawatt (GW) vorsieht. Der Europäische Rechnungshof hat jedoch im Juni 2024 festgestellt, dass die EU ihre Ziele für 2030 voraussichtlich nicht erreichen wird und diese einem Realitätscheck unterzogen werden müssen.
Die Erzeugung von zehn Millionen Tonnen Wasserstoff erfordert eine Energieaufnahme von rund 510 Terawattstunden (TWh) bei einem Wirkungsgrad von 65 Prozent. Dies bedeutet, dass die Elektrolyseure 12.800 Stunden pro Jahr laufen müssten, um die gewünschte Menge Wasserstoff zu produzieren. Ein Jahr hat jedoch nur 8.760 Stunden, was die Vorgaben der EU-Kommission unrealistisch macht.
Fehlende Berücksichtigung des Wirkungsgrads
Es scheint, als hätte die EU-Kommission den Wirkungsgrad der Elektrolyseure nicht ausreichend berücksichtigt. Selbst bei einem unrealistischen Wirkungsgrad von 100 Prozent müssten die Elektrolyseure 8.325 Stunden pro Jahr in Betrieb sein, was ebenfalls utopisch ist. Eine mögliche Erklärung könnte ein Tippfehler oder eine Fehlinterpretation der technischen Daten sein.
Realistische Annahmen und notwendige Anpassungen
Selbst bei einer Leistungsaufnahme von 80 GW und einem Wirkungsgrad von 65 Prozent wären die Ziele der EU kaum erreichbar. Die Produktion der angestrebten Menge Wasserstoff erfordert eine Leistungsaufnahme von 170 GW bei 3.000 Volllaststunden pro Jahr. Diese Zahlen verdeutlichen die Diskrepanz zwischen den politischen Zielen und den physikalischen Realitäten.
Langfristige Ziele und Herausforderungen
Die EU plant, bis 2050 jährlich bis zu 125 Millionen Tonnen grünen Wasserstoff zu erzeugen. Dazu müsste die Leistung der Elektrolyseure auf 500 GW steigen, was 12,5-mal höher als die Ziele für 2030 ist. Dies würde bedeuten, dass ein Viertel des erzeugten erneuerbaren Stroms in Wasserstoff umgewandelt werden müsste. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen müsste sich bis 2050 auf das 25-Fache steigern, um diese Ziele zu erreichen.
Fazit: Überarbeitung der Wasserstoffstrategie notwendig
Angesichts der unrealistischen Annahmen und Rechenfehler sollte die EU-Kommission ihre Wasserstoffstrategie vollständig überarbeiten. Nur wenn die technischen Grunddaten belastbar sind, lassen sich die personal- und kostenintensiven Maßnahmen sachgerecht umsetzen. Zudem muss das Thema Wasserstoffspeicher in belastbare Zahlen gefasst werden, da der Wasserstoff zwischenzeitlich irgendwo aufbewahrt werden muss.
Die EU steht vor der Herausforderung, ihre ambitionierten Ziele mit den physikalischen Realitäten in Einklang zu bringen, um eine erfolgreiche Energiewende zu gewährleisten.
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