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23.04.2024
14:15 Uhr

EU-Parlament beschließt umstrittene Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts

EU-Parlament beschließt umstrittene Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts

In einer richtungsweisenden Entscheidung hat das Europäische Parlament für eine Überarbeitung des Stabilitäts- und Wachstumspakts gestimmt. Nach monatelangen Debatten wurden neue Leitlinien für Haushaltsdefizite und Staatsschulden der EU-Mitgliedsstaaten festgelegt, die ein strafferes Korsett für die fiskalpolitische Disziplin schnüren sollen.

Kritik an den neuen Schuldenregeln

Die Neuregelung, die am 23. April 2024 angenommen wurde, stößt jedoch nicht überall auf Gegenliebe. Die Reform sieht vor, dass EU-Staaten ihre Schuldenstandsquoten nach klar definierten Mindestanforderungen senken müssen. Dabei soll der Schuldenstand 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten und das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts bleiben. Hoch verschuldete Länder mit einer Überschuldungsquote von über 90 Prozent sind angehalten, diese jährlich um einen Prozentpunkt zu reduzieren. Liegt die Verschuldungsquote zwischen 60 und 90 Prozent, ist eine Reduktion um 0,5 Prozentpunkte vorgesehen.

Kritiker der Neuregelung, wie die Abgeordnete Henrike Hahn von der Fraktion Grüne/EFA, bemängeln, dass die Reform "den Bedürfnissen dieser Zeit nicht gerecht" werde. Es wird befürchtet, dass aufgrund der strikten Vorgaben nach 2027 lediglich Dänemark, Schweden und Irland die notwendigen Ausgaben tätigen können, ohne gegen die Regeln zu verstoßen. Während der wirtschaftspolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Markus Ferber, die Annahme des Gesetzes als Schritt "zu einer verantwortungsvollen EU-Haushaltspolitik" lobt, warnen Gewerkschaften und Wirtschaftsexperten vor sozialen und ökonomischen Einschnitten.

Ein Schritt zurück zur fiskalischen Verantwortung?

Die Reform basiert auf Vorschlägen der EU-Kommission, die eine Antwort auf die Kritik an den bisherigen, als zu kompliziert und zu streng empfundenen Regeln sein sollen. In den letzten Jahren waren die EU-Defizitverfahren, die als Sanktionsmechanismus für zu hohe Verschuldung dienen, aufgrund von Sonderausgaben durch die Corona-Krise und den Krieg in der Ukraine ausgesetzt worden. Ab diesem Frühjahr ist jedoch geplant, diese Verfahren wieder aufzunehmen.

Die Statistikbehörde Eurostat hat indes für das Jahr 2023 festgestellt, dass der Großteil der EU-Länder mehr ausgegeben hat, als sie einnahmen, wobei elf Staaten den Grenzwert überschritten haben. Dies wirft die Frage auf, ob die neuen Regelungen in der Praxis tatsächlich zu einer Verbesserung der Haushaltsdisziplin beitragen oder lediglich zu einer weiteren Belastung für die ohnehin schon angespannten Staatskassen führen werden.

Die Bedeutung für Deutschlands Zukunft

Für Deutschland, das sich traditionell einer soliden Haushaltspolitik verpflichtet fühlt, könnten die neuen EU-Schuldenregeln eine Herausforderung darstellen. Es gilt, die Balance zwischen finanzpolitischer Verantwortung und den notwendigen Investitionen in die Zukunft zu finden, um die Wirtschaftskraft zu erhalten und auszubauen. Die deutsche Politik steht hier in der Pflicht, Lösungen zu entwickeln, die sowohl den europäischen Vorgaben gerecht werden als auch den Interessen der Bürgerinnen und Bürger dienen.

Die Entscheidung des EU-Parlaments mag ein Schritt in Richtung finanzieller Stabilität sein, doch es bleibt abzuwarten, wie sich die neuen Regeln auf die wirtschaftliche und soziale Landschaft Europas auswirken werden. Die Bundesregierung ist nun gefordert, eine Politik zu gestalten, die wirtschaftliche Stärke und soziale Gerechtigkeit gleichermaßen berücksichtigt und dabei die Souveränität nationaler Entscheidungen wahrt.

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