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08.10.2024
12:44 Uhr

EU-Kommission verklagt Ungarn wegen Souveränitätsgesetz

EU-Kommission verklagt Ungarn wegen Souveränitätsgesetz

Die Europäische Kommission hat ein Gerichtsverfahren gegen Ungarn eingeleitet. Grund dafür ist das sogenannte Souveränitätsverteidigungsgesetz, das von der ungarischen Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orbán eingeführt wurde. Dieses Gesetz sieht die Schaffung eines Amtes zur Verteidigung der Souveränität vor, welches die Aufgabe hat, Aktivitäten aufzudecken, die im Interesse anderer Staaten oder ausländischer Organisationen begangen werden und die nationale Sicherheit Ungarns gefährden könnten.

Einwände der EU-Kommission

Die EU-Kommission sieht in diesem Gesetz eine Bedrohung für die Grundfreiheiten und die Rechtsstaatlichkeit in Ungarn. Bereits im Februar 2024 hatte die Kommission ein Aufforderungsschreiben an Budapest gesandt, in dem sie ihre Bedenken äußerte. Die ungarische Regierung wies die Vorwürfe zurück und betonte, dass das Gesetz nicht gegen EU-Recht verstoße. Die Kommission zeigte sich jedoch mit dieser Antwort unzufrieden und beantragte am 3. Oktober ein beschleunigtes Gerichtsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.

Verstöße gegen Grundfreiheiten

Die Einwände der Kommission beziehen sich auf Verstöße gegen mehrere Grundfreiheiten, die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind. Dazu gehören das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, die Meinungs- und Informationsfreiheit, die Vereinigungsfreiheit, das Recht auf das anwaltliche Berufsgeheimnis sowie die Unschuldsvermutung und das Verbot der Selbstbelastung. Zudem sieht die Kommission Verstöße gegen die Grundfreiheiten des Binnenmarktes, die Dienstleistungsrichtlinie und die EU-Datenschutzvorschriften.

Hintergrund: Ausländischer Einfluss im Wahlkampf

Im April 2022 gewann Viktor Orbán die Parlamentswahlen mit einer erneuten Zweidrittelmehrheit. Nach den Wahlen stellte sich heraus, dass mehr als 7,7 Millionen US-Dollar an ausländischem Kapital zur Unterstützung ungarischer NGOs verwendet wurden, die dann die Wahlkampagnen der Oppositionskandidaten finanzierten. Die ungarische Regierung argumentiert, dass das Souveränitätsgesetz eine Reaktion auf diese Ereignisse sei und die nationale Sicherheit schützen solle.

Kritik an der neuen Behörde

Seit der Einführung des Gesetzes und der Schaffung des neuen Amtes zur Verteidigung der Souveränität gibt es erhebliche Kritik. Rechtsgruppen und oppositionelle Medien warnen vor einer möglichen willkürlichen Anwendung des Gesetzes gegen NGOs und andere zivilgesellschaftliche Organisationen. András Léderer vom Ungarischen Helsinki-Komitee betonte, dass es nicht einmal notwendig sei, tatsächlich aus dem Ausland finanziert zu werden, um ins Visier der Behörde zu geraten.

Vergleich mit internationalen Regelungen

Einige Experten sehen Parallelen zum amerikanischen „Foreign Agents Registration Act“ von 1937. Zoltán Kiszelly, Politikwissenschaftler und Direktor des Zentrums für Politikanalyse Századvég, erklärte, dass auch die Vereinigten Staaten ein ähnliches Gesetz haben, um ausländischen Einfluss auszuschließen. Kiszelly betonte, dass Ungarn den amerikanischen und israelischen Beispielen folge und nicht den russischen, da Russland keine Demokratie westlicher Prägung sei.

Die EU-Kommission kritisiert jedoch, dass das ungarische Gesetz dem neuen Amt weitreichende Befugnisse und großen Ermessensspielraum einräume, was unverhältnismäßig viele Einzelpersonen und Organisationen betreffe, darunter Medienorganisationen und Journalisten.

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