EU ebnet Weg für Defizitverfahren gegen Italien und Frankreich
Die EU-Kommission hat den Weg für Defizitverfahren gegen Italien, Frankreich und fünf weitere EU-Länder geebnet. In einem am Mittwoch veröffentlichten Budgetbericht stellte die Kommission fest, dass diese Staaten gegen die europäischen Schuldenregeln verstoßen haben. Die Einleitung eines Defizitverfahrens sei damit für folgende Länder gerechtfertigt: Belgien, Frankreich, Italien, Ungarn, Malta, Polen und die Slowakei, erklärte die Kommission.
Stimmen Europas Finanzminister Mitte Juli zu, würden erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie wieder Strafverfahren wegen Defizitverstößen eröffnet. Den sieben nun verwarnten Ländern drohen damit im äußersten Fall hohe Geldbußen. In der Vergangenheit wurden solche Sanktionen allerdings nie verhängt.
Frankreich: 5,5 Prozent vom BIP
Vor allem für Frankreich kommt der Blaue Brief aus Brüssel in einem politisch heiklen Moment: Präsident Emmanuel Macron hatte nach massiven Verlusten bei der Europawahl für den 30. Juni Neuwahlen zur Nationalversammlung angesetzt. Umfragen zufolge könnten die Rechtspopulisten von Marine Le Pen stärkste Kraft werden. Die europäischen Schuldenregeln erlauben den Mitgliedsländern eine Neuverschuldung von maximal drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) und Gesamtschulden von maximal 60 Prozent des BIP. Frankreich verstößt mit 5,5 Prozent deutlich gegen die Drei-Prozent-Höchstmarke. Paris dürfte das Defizit in diesem Jahr nach Brüsseler Einschätzung nur geringfügig senken.
Italien: 7,4 Prozent vom BIP
Sorge bereitet der EU aber vor allem die Lage in Italien: Unter der Regierung der Postfaschistin Giorgia Meloni verzeichnete das Land 2023 mit 7,4 Prozent des BIP die höchste Neuverschuldung der EU. In diesem Jahr dürfte das Defizit laut Kommission zwar auf 4,4 Prozent sinken, danach aber wieder ansteigen. Die Gesamtverschuldung Italiens ist mit rund 140 Prozent die zweithöchste der EU nach Griechenland. Frankreich kommt auf über 110 Prozent.
Mit Blick auf die Schieflage der beiden großen Partnerländer verteidigte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sein Festhalten an der Schuldenbremse in den Berliner Haushaltsverhandlungen: Deutschland müsse „Stabilitätsanker“ in Europa bleiben – „wegen der Entwicklungen zum Beispiel in Frankreich, aber auch der fiskalischen Lage in Italien“, sagte Lindner im „Deutschlandfunk“.
Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts
Die EU hatte ihre Schuldenregeln während der Pandemie vorübergehend ausgesetzt, um den Ländern milliardenschwere Wirtschaftshilfen zu erlauben. Macron setzte sich maßgeblich für eine Reform ein. Nach jahrelangen zähen Verhandlungen trat Ende April der überarbeitete Stabilitäts- und Wachstumspakt dann in Kraft.
Reform soll individuelle Lage betonen
Mit der Reform soll die Lage der individuellen Staaten stärker berücksichtigt werden. Auch Ausgaben für die Verteidigung werden nun gezielt einbezogen. Deutschland setzte zugleich verbindliche Ziele zum Schuldenabbau durch. EU-Währungskommissar Paolo Gentiloni sagte unter Anspielung auf die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, es gebe nach der Pandemie „kein ‚Zurück zur Normalität‘, denn wir leben nicht in normalen Zeiten“. Zugleich warnte er vor einem neuen Austeritätskurs wie zuletzt nach der Euro-Schuldenkrise ab 2008. Dieser wäre ein „schrecklicher Fehler“, betonte der Italiener.
Gegen Deutschland sieht die EU-Kommission kein Verfahren vor, denn die Neuverschuldung liegt deutlich unter der Drei-Prozent-Marke. Allerdings überschreitet die Gesamtverschuldung die 60-Prozent-Obergrenze der EU. Die Kommission rügte deshalb das fiskalische „Ungleichgewicht“ in der Bundesrepublik. Konkrete EU-Empfehlungen zum Schuldenabbau werden erst im Herbst erwartet. „Für alle Schulden zahlen die Bürgerinnen und Bürger“, sagte Lindner dazu im DLF-Interview. Dies gelte zwar nicht unmittelbar heute, aber über viele Jahre durch Zins und Tilgung.
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