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02.09.2024
06:33 Uhr

Die Gefahr des kognitiven Outsourcings: Wenn Smartphones unser Denken ersetzen

Die Gefahr des kognitiven Outsourcings: Wenn Smartphones unser Denken ersetzen

In einer zunehmend digitalisierten Welt greifen immer mehr Menschen bei einfachen Fragen direkt zu ihrem Smartphone. Dieses Phänomen, das besonders bei jüngeren Generationen zu beobachten ist, könnte weitreichende Auswirkungen auf unser kognitives Vermögen haben. Die Frage, die sich dabei stellt, lautet: Verlernen wir das Selberdenken?

Smartphones als Erweiterung unseres Denkens

Mohamed Elmasry, emeritierter Professor für Computertechnik an der Universität Waterloo, beobachtete seine Enkelkinder dabei, wie sie bei scheinbar einfachen Fragen sofort zu ihren Smartphones griffen. Anstatt kurz nachzudenken, nutzten sie Taschenrechner-Apps oder Suchmaschinen, um Antworten zu finden. Diese Beobachtung verdeutlicht ein Phänomen, das immer mehr an Bedeutung gewinnt: Mit der Nutzung von Smartphones durch 60 Prozent der Weltbevölkerung – und 97 Prozent der unter 30-Jährigen – hat sich Technologie unmerklich zu einer Erweiterung unseres Denkens entwickelt. Doch der Preis, den wir dafür zahlen, könnte hoch sein.

Kognitives Outsourcing und seine Folgen

„Kognitives Outsourcing“ – das Auslagern von Denkprozessen an externe Systeme wie Smartphones oder das Internet – birgt die Gefahr eines schleichenden kognitiven Abbaus. Studien belegen diese Entwicklung: Die regelmäßige Nutzung von GPS-Systemen beispielsweise steht in Zusammenhang mit einem signifikanten Rückgang des räumlichen Gedächtnisses und der Fähigkeit, sich ohne technische Hilfsmittel zu orientieren.

Die Verbreitung von KI-Anwendungen wie ChatGPT nimmt stetig zu und ist für viele Menschen bereits fester Bestandteil des Alltags. Laut einer Umfrage nutzen 18 Prozent der Deutschen ChatGPT sogar mehrmals wöchentlich. Diese Entwicklung bleibt nicht ohne Folgen: Studien belegen, dass dies die Fähigkeit zum kritischen Denken schwächt, Abhängigkeiten fördert, die Entscheidungsfindung erschwert und zu einer zunehmenden Trägheit führt. Experten warnen daher eindringlich vor der Vernachlässigung jener menschlichen Fähigkeiten, die von der Technologie nicht ersetzt werden können.

Technologie schwächt unser Gedächtnis

Unsere Abhängigkeit von digitalen Hilfsmitteln verändert nicht nur unser Verhalten, sondern auch unsere geistigen Fähigkeiten. Immer mehr Studien zeigen, dass der ständige Zugriff auf Informationen im Internet unser Gedächtnis beeinträchtigt. Ein prägnantes Beispiel dafür ist der sogenannte „Google-Effekt“: Menschen erinnern sich weniger an die Informationen selbst, dafür umso besser an den Ort, wo sie diese finden können.

Eine Studie aus dem Jahr 2021 untersuchte die Auswirkungen des regelmäßigen Googelns und kam zu einem alarmierenden Ergebnis: Teilnehmer, die Suchmaschinen intensiv nutzten, schnitten bei Lern- und Gedächtnistests schlechter ab als jene, die sich auf ihr eigenes Wissen verließen. Gleichzeitig überschätzten sie oft ihr eigenes Verständnis des Materials – ein Phänomen, das als „Wissensillusion“ bekannt ist. Der ständige Zugriff auf Informationen vermittelt ein trügerisches Gefühl von Expertise und mindert den Anreiz, sich tiefgehend mit Inhalten auseinanderzusetzen.

Der „Brain Drain“-Effekt

Bereits die bloße Präsenz eines Smartphones kann unsere geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Eine Studie, veröffentlicht im „Journal of the Association for Consumer Research“, zeigt, dass allein das Vorhandensein eines Smartphones – selbst wenn es ausgeschaltet ist – die „verfügbare kognitive Kapazität“ reduziert. Die Forscher sprechen von einem „Brain Drain“-Effekt, der auftritt, weil das Gerät unbewusst unsere Aufmerksamkeit beansprucht und uns daran hindert, uns vollständig auf die jeweilige Aufgabe zu konzentrieren.

Neben der Beeinträchtigung unserer kognitiven Fähigkeiten beobachten Forscher auch eine Abnahme der sozialen Intelligenz – jener Fähigkeiten, die uns als Mensch auszeichnen. Der übermäßige Einsatz digitaler Technologien, so scheint es, macht uns nicht nur weniger fähig zu denken, sondern auch weniger fähig, miteinander umzugehen. Die Botschaft ist klar: Wir müssen unsere natürlichen Fähigkeiten bewahren und fördern, bevor sie unwiederbringlich verkümmern. Denn der Preis für diese Bequemlichkeit könnte letztlich unsere Menschlichkeit sein.

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