Bürgergeld vs. Arbeit: Lohnen sich zusätzliche Arbeitsstunden wirklich?
Seit der Einführung des Bürgergelds vor gut eineinhalb Jahren gibt es vor allem aus dem konservativen und rechten Lager Kritik an der Grundsicherung. Ein häufig vorgebrachtes Argument: Durch die im Vergleich zum Vorgänger „Hartz IV“ gestiegenen Leistungen lohne es sich nicht mehr, arbeiten zu gehen. Ein Blick auf die Zahlen verschafft Klarheit: Arbeit lohnt sich im Vergleich zur Grundsicherung weiterhin. Wer in seinem Job aber wenig verdient, bekommt kaum Anreize, mehr zu tun.
Der Lohnabstand bleibt erhalten, aber die Anreize fehlen
In einer umfangreichen Studie hat das ifo-Institut für Wirtschaftsforschung berechnet, wie groß der Lohnabstand von arbeitenden Menschen ohne extra soziale Grundsicherung zu jenen ist, die Bürgergeld bekommen. Dabei hat das Münchner Institut auch die Anfang des Jahres eingeführte Erhöhung des Bürgergeldes einbezogen.
Die Expertinnen und Experten vergleichen in der Studie unter anderem einen nicht arbeitenden Bürgergeld-Empfänger mit einem Mindestlohn beziehenden Vollzeitbeschäftigten. Sie kommen zu einem eindeutigen Ergebnis: „Der Lohnabstand bleibt auch nach den für 2024 geplanten Anpassungen im deutschen Steuer- und Transfersystem erhalten“, heißt es in der Studie. „Der Lohnabstand beträgt dabei für alle betrachteten Haushalte mehrere hundert Euro.“
Durchschnittlich 647 Euro Bürgergeld pro Monat
Entscheidend ist im Einzelfall jedoch, wie viel Miete ein Mensch bezahlt. Heiz- und Mietkosten werden Bürgergeld-Empfängern gezahlt, jedoch in einem separaten Posten, der nicht unter das Bürgergeld fällt. Zahlt ein für Mindestlohn arbeitender Single durchschnittlich viel Miete (430 Euro + 80 Euro Heizkosten), hat er mit seinem Bruttoeinkommen von 2000 Euro am Ende des Monats 457 Euro mehr zur Verfügung als ein Bürgergeld-Single, berechnet das ifo-Institut. Bei einer hohen Miete sinkt das Mehr jedoch schnell auf unter 350 Euro.
Vor Kurzem veröffentlichte Zahlen des für das Bürgergeld zuständigen Bundesarbeits- und Sozialministeriums und der Bundesagentur für Arbeit zeigen, dass Bürgergeld-Empfänger 2023 einen durchschnittlichen Zahlungsanspruch von 647 Euro pro Monat hatten. Doch nur eine Minderheit der Menschen, die Bürgergeld bekommen, sind erwerbsfähige Arbeitslose. Auch Kindern aus einkommensschwachen Haushalten oder etwa Menschen, die Kinder oder Angehörige pflegen, steht die Grundsicherung zu. Außerdem den Menschen, die zwar arbeiten, deren Lohn jedoch nicht für das Existenzminimum ausreicht.
Mehr Arbeit lohnt sich im Bürgergeld kaum
Für eben diese bietet das Bürgergeld teilweise jedoch kaum Anreize, mehr zu arbeiten. Zu diesem Schluss kommt das ifo-Institut durch ihre Rechenmodelle. So können Alleinerziehende ihr verfügbares Einkommen durch eine Arbeit mit 2000 Euro Bruttoeinkommen zwar um über 900 Euro erhöhen. Wenn diese Person ihr Einkommen aber von monatlich 2000 Euro brutto auf 3000 erhöhen will, beträgt der Anstieg des verfügbaren Einkommens laut ifo lediglich 59 Euro.
Grund dafür sind wegfallende Transferleistungen des Bürgergelds, sobald Menschen mehr Geld verdienen. Forscherinnen und Forscher kritisieren, dass dieser Mechanismus zu einer „Niedrigeinkommensfalle“ führt, da Menschen kaum Anreize bekommen, durch ihre Arbeit mehr Geld zu verdienen. Insgesamt beziehen in Deutschland momentan rund 5,6 Millionen Menschen Bürgergeld. Den Staat kostete die Grundsicherung im vergangenen Jahr etwa 43 Milliarden Euro.
Diese Zahlen werfen ein Schlaglicht auf die aktuelle Sozialpolitik und die damit verbundenen Herausforderungen. Es scheint, als ob die Bundesregierung hier dringend nachbessern müsste, um den Arbeitsanreiz zu stärken und die finanzielle Eigenverantwortung zu fördern. Doch ob dies in naher Zukunft geschehen wird, bleibt fraglich.
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