Bank of England leitet Zinswende in Großbritannien ein
Erste Lockerung seit 2020
Die Bank of England (BoE) hat erstmals seit der Corona-Krise den Leitzins gesenkt. Damit folgt die britische Notenbank dem Beispiel der Europäischen Zentralbank (EZB), die bereits im Juni eine Kehrtwende vollzogen hatte. Die BoE reduzierte den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 5,00 Prozent.
Entscheidung mit Spannung erwartet
Bankvolkswirte hatten größtenteils mit dieser Entscheidung gerechnet. Zuletzt hatte die BoE die Zinsen siebenmal in Folge nicht angetastet. Doch die heutige Entscheidung fiel mit fünf zu vier Stimmen im geldpolitischen Ausschuss denkbar knapp aus. Zentralbankchef Andrew Bailey betonte, dass die BoE auch in Zukunft vorsichtig vorgehen werde: "Wir müssen sicherstellen, dass die Inflation niedrig bleibt, und darauf achten, die Zinssätze nicht zu schnell oder zu stark zu senken."
Historischer Kontext und zukünftige Aussichten
Zwischen Dezember 2021 und August 2023 hatte die Zentralbank den Leitzins insgesamt 14 Mal angehoben und auf ein 16-Jahreshoch gehievt. Diese Maßnahmen halfen, die starke Teuerung auf der Insel weitgehend zu zügeln. Im Juni verharrte die Inflationsrate auf dem Zielwert von 2,0 Prozent. Allerdings gehen die Währungshüter davon aus, dass die Inflation gegen Jahresende wieder steigen könnte. Aufgrund eines statistischen Basiseffekts im Zusammenhang mit den Energiepreisen könnte sie auf 2,75 Prozent ansteigen.
Prognosen der Ökonomen
Für die kommenden Monate seien daher wieder höhere Inflationsraten zu erwarten, sagt auch Dirk Chlench von der Landesbank Baden-Württemberg. Dazu kämen die immer noch hohen Steigerungsraten bei Wochenlöhnen und Dienstleistungspreisen. "Vor diesem Hintergrund dürfte die BoE im weiteren Jahresverlauf nur noch einmal ihre Zinsschraube lockern", so der Ökonom. Auch die Volkswirte der Commerzbank prognostizieren weitere Zinssenkungen "nur langsam und im begrenzten Ausmaß".
Internationale Entwicklungen
Aktuell ist die britische Teuerung niedriger als im Euroraum, wo die Verbraucherpreise zuletzt wieder anzogen und im Juli um 2,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr nach oben kletterten. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte die Zinswende angesichts der abebbenden Inflationswelle bereits im Juni vollzogen und dürfte im September nachlegen. Die US-Notenbank könnte nach den Hinweisen von Fed-Chef Powell im kommenden Monat ebenfalls die geldpolitischen Zügel lockern, falls die Inflationsgefahr nachlässt.
Japan als Gegenbeispiel
Den umgekehrten Weg ging heute die Bank of Japan (BoJ), die erst im März ihre Negativzinspolitik beendet hatte. Die japanische Zentralbank erhöhte den kurzfristigen Leitzins von einer Spanne von null bis 0,1 Prozent auf 0,25 Prozent und normalisierte damit ihre lockere Geldpolitik weiter. Die Entscheidung überraschte Analysten, die im Schnitt mit einer Beibehaltung der Bandbreite gerechnet hatten. Zudem teilten die Währungshüter mit, dass sie ihre monatlichen Anleihekäufe bis zum ersten Quartal 2026 auf etwa drei Billionen Yen (18,4 Milliarden Euro) reduzieren wollen.
Während die Bank of England also vorsichtig die Zinswende einleitet, bleibt abzuwarten, wie sich die wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen in Großbritannien und weltweit weiter gestalten werden. Klar ist jedoch, dass die Zentralbanken weltweit auf die Herausforderungen der Inflation und wirtschaftlichen Stabilität unterschiedlich reagieren.
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