Atomwaffen gegen leere Versprechen: Selenskyjs bittere Abrechnung mit westlichen Sicherheitsgarantien
In einem bemerkenswerten Interview mit der italienischen Zeitung "Il Foglio" hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine schonungslose Bilanz der ukrainischen Abrüstungspolitik gezogen. Die Aufgabe des drittgrößten Atomwaffenarsenals der Welt im Jahr 1994 bezeichnete er als "dummen und verantwortungslosen" Schritt, der sich für sein Land als verhängnisvoll erwiesen habe.
Das fatale Budapester Memorandum von 1994
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion befand sich die Ukraine plötzlich im Besitz eines gewaltigen Atomwaffenarsenals. Im Rahmen des Budapester Memorandums stimmte das Land der vollständigen nuklearen Abrüstung zu - im Gegenzug für vermeintlich wasserdichte Sicherheitsgarantien durch die USA, Großbritannien und ausgerechnet Russland. Diese Garantien sollten sich später als das Papier nicht wert erweisen, auf dem sie geschrieben wurden.
Westliche Untätigkeit bei russischer Aggression
Als Russland 2014 die Krim annektierte und den Konflikt in der Ostukraine schürte, blieben die zugesagten Sicherheitsgarantien der westlichen Mächte ein zahnloser Tiger. "Die Ukraine hat ihre Atomwaffen verschenkt", resümierte Selenskyj bitter. "Wir haben Atomwaffen gegen einen Krieg eingetauscht." Diese Erfahrung dürfte auch anderen Staaten eine eindringliche Lehre sein, was westliche Sicherheitsversprechen wert sind.
Merkels fragwürdige Rolle bei Friedensverhandlungen
Besonders kritisch äußerte sich der ukrainische Präsident über die Rolle der ehemaligen deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Bei Friedensgesprächen im Normandie-Format hätten Merkel und Putin mehr Interesse am Fluss russischen Gases nach Europa gezeigt als an einem echten Frieden für die Ukraine. Eine Einschätzung, die angesichts der jahrelangen deutschen Abhängigkeit von russischen Energielieferungen durchaus plausibel erscheint.
Wenn die Amerikaner nicht mitmachen, werden die Europäer auf keinen Fall die Verantwortung dafür übernehmen, die Russen zu stoppen.
Hoffnung auf Trump und die NATO
Seine Hoffnungen setzt Selenskyj nun auf den neuen US-Präsidenten Donald Trump und einen möglichen NATO-Beitritt seines Landes. Nur die transatlantische Allianz könne die Sicherheit der Ukraine wirklich garantieren. Alternative Sicherheitsarrangements, etwa mit europäischen Partnern ohne US-Beteiligung, lehnt er als unzureichend ab.
Die Geschichte der ukrainischen Abrüstung ist damit auch eine Geschichte westlichen Versagens - und eine Mahnung, dass in der internationalen Politik letztlich nur handfeste militärische Stärke zählt. Eine bittere Lektion, die die Ukraine auf die härteste denkbare Weise lernen musste.