Tausende Brücken in Deutschland sanierungsbedürftig – Bundesrechnungshof zweifelt an Machbarkeit
Der Einsturz eines Teils der Carolabrücke in Dresden am 11. September hat das Thema Brückensicherheit in Deutschland wieder in den Fokus gerückt. Experten warnen, dass tausende Brücken sanierungsbedürftig seien, doch bürokratische Hürden und fehlende Ressourcen verzögern dringend nötige Maßnahmen.
Besorgniserregender Zustand der deutschen Infrastruktur
Wie sicher sind Deutschlands Brücken? Der teilweise Einsturz der verkehrstechnisch bedeutsamen Carolabrücke in Dresden hat Besorgnis bezüglich des Zustands der deutschen Infrastruktur ausgelöst. Die Ursache für das Unglück ist noch nicht vollständig geklärt. Erst im Frühjahr hatte ein sogenannter Brücken-TÜV den Zustand des betroffenen Abschnitts als „nicht ausreichend“ beurteilt. Dem „Blauen Wunder“, einer weiteren Elbbrücke der Stadt, wurde mit „ungenügend“ sogar eine noch schlechtere Bewertung zuteil.
16.000 Brücken bundesweit sanierungsbedürftig
Der Grünen-Fraktionsvize im Bundestag, Andreas Audretsch, warnte, dass bundesweit nicht weniger als 16.000 Brücken sanierungsbedürftig seien. Insgesamt etwa 130.000 Brücken unterliegen der Verantwortung von Bund, Ländern oder Kommunen. Zahlen zum Brückenbestand in Deutschland, die das Bundesverkehrsministerium präsentiert, sind lediglich auf dem Stand von Juni 2019. Dennoch bieten sie eine grobe Orientierung über die Größenordnung.
Veraltete Bausubstanz und Materialmängel
Wie aus Zahlen des Verbandes der Betoninstandsetzer hervorgeht, stammt allein im Fernstraßennetz des Bundes mehr als die Hälfte der knapp 40.000 bestehenden Brücken aus der Zeit vor 1985. Rund 70 Prozent davon sind aus Spannbeton – dem gleichen Material, das für die Carolabrücke verwendet wurde. Dem stehen 17 Prozent Stahlbetonbrücken, sieben Prozent Stahlverbundbrücken und sechs Prozent Stahlbrücken gegenüber.
Herausforderungen bei der Brückensanierung
Der Bundesrechnungshof bezweifelt, dass der Bund in der Lage sein wird, seine Vorhaben in diesem Bereich zu erreichen. Einer Analyse der Einrichtung zufolge kommt die zuständige Autobahn GmbH „mit der Modernisierung nicht hinterher“. Erfahrungswerten zufolge scheitern geplante Sanierungen nicht immer nur an knappen Finanzmitteln – diese sind zumindest für dringlichere Vorhaben regelmäßig vorhanden. Zu kämpfen haben auch die öffentlichen Auftraggeber oft mit bürokratischen, komplexen Genehmigungsverfahren und langwierigen Planungsprozessen.
Fehlende Ressourcen und qualifizierte Fachkräfte
Dazu kommen der Mangel an Baumaterial oder dessen Verteuerung, aber auch ein Fehlen qualifizierter Fachkräfte. Ein weiterer Faktor, der Sanierungen verzögert, sind Schwierigkeiten bei der erforderlichen Aufrechterhaltung des Verkehrsflusses. Viele Brücken müssen während der Sanierung weiterhin für den Verkehr geöffnet bleiben, was die Arbeiten komplizierter und zeitaufwendiger macht.
Langfristige Maßnahmen und Prioritäten
Bundesverkehrsminister Volker Wissing hatte erst im Frühjahr 2022 ein Maßnahmenpaket für eine schnellere Brückenmodernisierung angekündigt. Langfristig sollen 8.000 Autobahnbrücken des Bundes bis 2042 modernisiert werden, die Hälfte bis 2032. Die Länder wären für weitere 3.000 modernisierungsbedürftige Brücken im Bundesstraßennetz zuständig.
Die Deutsche Bahn soll bis 2029 ganze 2.000 ihrer insgesamt rund 25.700 Brücken saniert haben. Einige davon sind bereits mehr als 100 Jahre alt. Für das Programm steht ein Budget von etwa neun Milliarden Euro zur Verfügung. Der Bund plant ab 2025 jährlich etwa fünf Milliarden Euro für die Sanierung von Brücken ein. Die Summe zusätzlicher Schäden wird für die nächsten fünf Jahre auf mindestens 1,8 Milliarden Euro geschätzt.
Die Zustände landeseigener und kommunaler Brücken werden dezentral erfasst. Kriterien der Priorisierung von Brückensanierungen sind in Deutschland Zustandsnote, Traglastindex, Verkehrsbedeutung, bestehendes Sicherheitsrisiko und wirtschaftliche Auswirkungen. Die Autobahn GmbH des Bundes hat die Verwaltungsverantwortung für die Brücken im Autobahnnetz übernommen. Sie kann eine Gesamtbetrachtung des Netzes vornehmen, um die Priorisierung effizienter zu gestalten.
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