SPÖ fordert Recht auf analoges Leben: Ein notwendiger Schritt im digitalen Zeitalter?
In einer Zeit, in der Digitalisierung unaufhaltsam voranschreitet, erhebt die SPÖ in Österreich eine bemerkenswerte Forderung: das Recht auf ein analoges Leben. Diese Initiative zielt darauf ab, Menschen, die nicht mit der digitalen Welt Schritt halten können oder wollen, vor Benachteiligungen zu schützen. Besonders ältere Generationen und technikferne Bürger sollen von dieser Maßnahme profitieren.
Die Tücken der Digitalisierung
Der digitale Wandel hat zweifellos viele Vorteile gebracht. Von der Online-Steuererklärung bis zur digitalen Beantragung von Förderungen – vieles ist heute einfacher und schneller. Doch was passiert mit jenen, die keinen Zugang zum Internet haben oder sich bewusst dagegen entscheiden? Diese Frage stellt sich die SPÖ und fordert daher ein „Recht auf analoges Leben“.
Keine Förderung ohne Internet
Am 12. Juni reichte die SPÖ einen dringlichen Antrag beim österreichischen Nationalrat ein. Die Forderung: Förderungen und Leistungen wie der Handwerkerbonus oder staatliche Zinsen müssen auch offline zugänglich sein. Derzeit sind solche Angebote nur digital und über die ID-Austria, eine digitale Authentifizierung, verfügbar. Dies benachteilige vor allem ältere Menschen, die oft keinen Zugang zu digitalen Medien haben.
„Gerade jene Menschen, die Österreich aufgebaut und zu dem Land gemacht haben, das es heute ist, bekommen keine guten staatlich garantierten Zinsen und müssen sich mit mickrigen Zinsen am Bankschalter begnügen“, so die SPÖ-Fraktion. Auch die Modernisierung von Heizsystemen und der Reparatur- und Handwerkerbonus seien ausschließlich digital beantragbar, was viele Senioren ausschließe.
Senioren machen mobil
Analog zu den Anstrengungen der SPÖ in Österreich setzt sich in Deutschland die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) für die Interessen der älteren Generation ein. In einem Positionspapier fordert BAGSO ein Recht auf ein Leben ohne digitale Medien und autonome technische Systeme. „Einen Fahrschein zu erwerben, einen Personalausweis zu beantragen, eine Geldüberweisung vorzunehmen – das muss künftig auch ohne Internet möglich sein“, heißt es.
Digital-Lotsen in Berliner Bibliotheken
Viele Städte und Gemeinden in Deutschland haben bereits Maßnahmen ergriffen, um älteren Menschen den Zugang zu digitalen Angeboten zu erleichtern. In Berliner Bibliotheken gibt es beispielsweise eine öffentliche Digital-Beratung über das Projekt „Digital Zebra Berlin“. Projektleiter Jacob Svaneeng betont: „Wir wollen die Menschen nicht digitalisieren, wir wollen den gerechten Zugang zu allen öffentlichen Angeboten und Dienstleistungen sichern.“
Überwachung vorprogrammiert?
Der bekannte Journalist und Buchautor Heribert Prantl plädiert ebenfalls für ein Grundrecht auf „analoge Teilhabe am Leben“. In einem Interview mit BAGSO äußerte er: „Der zunehmende Digitalzwang belastet den kleinen und den großen Alltag. Er ist eine Diskriminierung der Handylosen, die sich ein Smartphone nicht leisten können oder wollen.“
Prantl schlägt vor, das Grundgesetz um eine Wahlfreiheit zu ergänzen: „Die Grund- und Daseinsvorsorge für einen Menschen darf nicht davon abhängig gemacht werden, dass er digitale Angebote nutzt.“ Laut Statistischem Bundesamt waren im Jahr 2023 in der Europäischen Union rund sechs Prozent der 16- bis 74-jährigen Bevölkerung noch nie online. In Deutschland lag ihr Anteil bei fünf Prozent, was knapp 3,1 Millionen Menschen entspricht, darunter überwiegend ältere Generationen.
Ein notwendiger Schritt?
Die Forderung nach einem Recht auf analoges Leben wirft wichtige Fragen auf. Ist es gerecht, Menschen, die sich bewusst gegen die Nutzung digitaler Medien entscheiden, von staatlichen Leistungen auszuschließen? Oder sollte die Gesellschaft vielmehr dafür sorgen, dass alle Bürger – unabhängig von ihrem digitalen Status – gleichberechtigten Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen haben?
Die Diskussion ist eröffnet, und es bleibt abzuwarten, wie sich die politischen Entscheidungsträger in Österreich und Deutschland positionieren werden. Klar ist jedoch: Ein Recht auf analoges Leben könnte vielen Menschen den Alltag erheblich erleichtern und wäre ein Schritt hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit.
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