SPD-Außenpolitiker fordert Wiedereröffnung der Botschaft in Kabul
Zum Auftakt der Afghanistan-Konferenz der UN an diesem Sonntag fordert der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Schmid, dass Deutschland seine Afghanistanpolitik überdenkt. „Wir müssen uns die Frage stellen, wie wir mit diesem Land künftig umgehen wollen“, schreibt Schmid in einem Gastbeitrag für den „Tagesspiegel“.
Deutschland soll diplomatische Beziehungen überdenken
Schmid betont, dass es nicht davon auszugehen sei, dass die Taliban in absehbarer Zeit ihre Macht wieder abgeben werden. Angesichts der problematischen Politik des Taliban-Regimes liege es „nicht in unserem Interesse, das Taliban-Regime aufzuwerten oder zu stärken“. Indem Deutschland jedoch aus nachvollziehbaren Gründen die diplomatische Anerkennung und Entwicklungshilfe verweigere, „tragen wir ungewollt dazu bei, das Elend im Land zu verschlimmern“.
Afghanistan kein Rückzugsort für Terroristen
Anders als 2001 nach den Terroranschlägen von 9/11 sei Afghanistan heute kein sicherer Hafen mehr für international operierende Terroristen. Auch seien die Taliban längst keine homogene Einheit mehr. Neben „ideologisch verbohrten Hardlinern“ gebe es inzwischen auch „Kräfte, die erkannt haben, dass die Probleme des Landes nur im Dialog und in Kooperation mit der internationalen Gemeinschaft gelöst werden können“.
Kooperationsmöglichkeiten für Deutschland
Als mögliche Gebiete einer deutsch-afghanischen Kooperation nennt Schmid die Wasserwirtschaft in Zentralasien sowie den Schutz des afghanischen Kulturguts. Weiterhin solle die Bundesregierung darüber nachdenken, „wieder Diplomaten nach Afghanistan zu entsenden“. „Nur so können wir uns ein eigenes, genaues Bild von der Lage im Land machen. Es ist die Grundlage für ein sinnvolles und zielgerichtetes Engagement Deutschlands vor Ort“, so Schmid.
Kritik an jahrelangem Boykott
Schmid ist der Ansicht, dass ein jahrelanger Boykott niemandem helfe und auch die Herrschaft der Taliban nicht beenden werde. Diese Auffassung wirft ein kritisches Licht auf die bisherige Afghanistanpolitik der Bundesregierung, die sich durch eine strikte Verweigerung der diplomatischen Anerkennung auszeichnet. Es scheint, als ob die deutsche Politik hier einer ideologischen Verbohrtheit unterliegt, die die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort ignoriert.
Die Forderung nach einer Wiedereröffnung der Botschaft in Kabul könnte ein erster Schritt sein, um die diplomatischen Beziehungen wieder aufzunehmen und so eine Basis für eine effektivere Unterstützung der afghanischen Bevölkerung zu schaffen. Dies wäre nicht nur im Interesse Deutschlands, sondern auch ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der Region.
Fazit
Die Überlegungen von Nils Schmid könnten einen entscheidenden Wendepunkt in der deutschen Afghanistanpolitik markieren. Es bleibt abzuwarten, ob die Bundesregierung diese Vorschläge aufgreifen wird oder weiterhin an ihrer bisherigen Linie festhält. Klar ist jedoch, dass eine Neuausrichtung der Politik dringend notwendig ist, um das Elend der afghanischen Bevölkerung zu lindern und langfristig stabile Verhältnisse in der Region zu schaffen.
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