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30.07.2024
12:48 Uhr

Immobilienfonds in Europa: 12 Milliarden Euro Abfluss seit 2022

Immobilienfonds in Europa: 12 Milliarden Euro Abfluss seit 2022

Die Immobilienkrise in Europa zeigt sich in der Fondsindustrie deutlich. Nach erfolglosen Versuchen, Bürogebäude an Standorten von Paris bis Frankfurt zu veräußern, steht Amundi nun kurz vor einem umfangreichen Verkauf, der dazu beitragen soll, Liquidität für Anleger zu schaffen, die aus ihren Immobilienfonds aussteigen wollen. Dies berichtet Bloomberg aktuell.

Blackstone habe dem Vernehmen nach zugestimmt, eine Gruppe von Gewerbeparks für 250 bis 300 Millionen Euro von Europas größtem Vermögensverwalter zu kaufen. Die US-Investmentgesellschaft setze darauf, dass einige dieser Parks eine profitablere Zukunft haben könnten, wenn sie in spezialisierte Logistikzentren umgewandelt würden, so mit der Angelegenheit vertraute Personen. Das Geschäft werfe ein Schlaglicht auf ein zunehmend kritischer werdendes Dilemma für offene Immobilienfonds in Europa, die rund 166 Milliarden Euro an Vermögenswerten verwalten.

Verkauf von Vermögenswerten als letzte Option

In einer Welt, in der Bürogebäude nicht mehr gefragt sind, bestehe eine der wenigen Möglichkeiten, die Rückzahlungen zu erfüllen, im Verkauf anderer, attraktiverer Vermögenswerte wie Wohngebäude, Lagerhäuser oder Immobilien, die für solche Zwecke umgewandelt werden können. Dies führe dazu, dass sich die Fondsmanager – und ihre verbleibenden Kunden – zunehmend in angeschlagenen Marktsegmenten konzentrieren. Bei anhaltenden Rückzahlungen bleibe einigen von ihnen möglicherweise bald keine andere Wahl, als zu verkaufen. Dies würde Neubewertungen auslösen und eine sich anbahnende Markterholung verzögern, was sich auf die gesamte Wirtschaft auswirken könnte.

Für einige Immobilienfonds und -Entwickler sei „der Verkaufsdruck wahnsinnig hoch“, sagt Henning Koch, Vorstandsvorsitzender beim deutschen Fondmanagement-Unternehmen Commerz Real, das rund 34 Milliarden Euro in Immobilien und erneuerbaren Energien verwaltet. „Die Fonds kämpfen mit Mittelabflüssen.“

Abflüsse und neue Kreditlinien

Offene Immobilienfonds haben laut Morningstar in Europa in sechs aufeinanderfolgenden Quartalen Abflüsse zu verzeichnen. Die Daten zeigen, dass die Anleger mehr als 12 Milliarden Euro abgezogen haben, seit die Europäische Zentralbank im Juli 2022 mit der Anhebung der Zinssätze begonnen hatte. Das Nettovermögen sei damit auf dem niedrigsten Stand seit fünf Jahren.

In Deutschland hätten viele Fonds Schwierigkeiten, sich von Objekten zu trennen. Aufgrund von Vorschriften dürften sie keine Vermögenswerte deutlich unter dem Buchwert verkaufen. Wenn sie es doch tun, müssten sie das Portfolio oder die zu verkaufende Immobilie neu bewerten, was zu starken Veränderungen im Wert des Immobilienfonds führen könne. Einige Fondsmanager erwägen derzeit, sich bei ihren Banken neue Kreditlinien für ihre Immobilien zu sichern. So wollen sie Neubewertungen der Vermögenswerte und mögliche Verkäufe vermeiden, so zwei Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind.

Marktwert und Risiken

Union Investment senkte den Nettoinventarwert eines 4-Milliarden-Euro-Fonds im vergangenen Monat um 17%, nachdem das Unternehmen nicht in der Lage war, Immobilien zum Buchwert zu verkaufen, um die Rückzahlungen zu bedienen. Die Commerz Real schrieb eine Investition von 50 Millionen Euro in das Elbtower-Projekt in Hamburg ab, nachdem der Projektentwickler in Konkurs gegangen war.

Die Europäische Zentralbank warnte im vergangenen Jahr, dass Probleme bei Immobilienfonds die Risiken eines Zusammenbruchs des gewerblichen Immobilienmarktes verstärken könnten. Die Folgen des Marktabschwungs, der bereits Immobilien von Bürotürmen in Hongkong bis zu Apartmentkomplexen in Kalifornien erfasst habe, könnten erhebliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben.

Ein Bericht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich legt nahe, dass sich das Bankensystem bisher zwar als widerstandsfähig erwiesen habe. Schwachstellen könnten aber offenkundig werden, wenn Risiken für alles von Büros bis zu Geschäften „zu niedrig ausgewiesen werden und die Preise stärker als erwartet fallen.”

Banken und Kreditrisiken

Bereits jetzt würden fast 18% der gewerblichen Immobilienkredite in Europa von den Banken als Stufe 2 eingestuft. Das Kreditrisiko sei damit erheblich gestiegen, so die Europäische Bankenaufsichtsbehörde. Die Quote notleidender CRE-Kredite sei bei deutschen Banken derweil von 2,1% im Dezember 2022 auf 4,8% im vergangenen Jahr angestiegen. Es werde erwartet, dass die EZB mehrere deutsche Banken dazu drängen werde, ihre Rücklagen für den Ausfall von Immobilienkrediten zu erhöhen, wie Bloomberg News berichtete.

Die Deutsche Bank hatte vergangene Woche angekündigt, dieses Jahr mehr Geld für Kreditverluste zurückzulegen als bisher erwartet. Zuvor sei sie zu optimistisch hinsichtlich einer Erholung des gewerblichen Immobilienmarkts gewesen. Die Aktien fielen nach dieser Nachricht um bis zu 9% und zogen damit auch andere Banken nach unten.

Die Probleme vieler Produkte seien dadurch verschärft worden, dass es ihnen nicht gelang, sich von den traditionellen Standbeinen der Gewerbeimmobilien wie Büros und Läden abzuwenden und sich auf schneller wachsende Segmente wie Lagerhallen und Rechenzentren zu konzentrieren. Im Gegensatz dazu bestehe Blackstones europäisches Portfolio jetzt zu 55% aus Lagerhäusern und weniger als 10% aus Büros.

Der Deal zwischen Amundi und Blackstone sei Teil der Wette des US-Unternehmens, dass der rasante Anstieg des Online-Shoppings Mieter anlocken werde. Das werde vor allem möglich, sobald die Gebäude modernisiert wurden, um zeitgemäße Lagerflächen zu bieten, sagten die Insider, die darum baten, nicht namentlich genannt zu werden, da die Transaktion noch nicht abgeschlossen ist. Die Immobilien, die derzeit unter anderem als Büro-, Lager- und Abstellflächen genutzt werden, gehören einer Reihe von Amundi-Immobilienfonds. Amundi und Blackstone lehnten eine Stellungnahme ab.

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