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25.09.2024
09:45 Uhr

Deutlicher Anstieg der Ermittlungsverfahren wegen „Hass im Internet“ in Niedersachsen

Deutlicher Anstieg der Ermittlungsverfahren wegen „Hass im Internet“ in Niedersachsen

Die Zahl der Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit „Hass im Internet“ hat in Niedersachsen einen alarmierenden Anstieg verzeichnet. Laut dem niedersächsischen Justizministerium wurden zwischen dem 1. Juli 2023 und dem 30. Juni 2024 mehr als 3.500 Ermittlungsverfahren eingeleitet, was einer Steigerung um 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht. In über 500 Fällen wurde Anklage erhoben oder ein Strafbefehl beantragt, was einen Anstieg von 100 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet.

Die Rolle der Meldestelle Niedersachsen

Die niedersächsische Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet (ZHIN) spielt hierbei eine zentrale Rolle. Über einen einfachen Klick können Bürger anonym „Hass im Internet“ melden. Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD) bezeichnet die Meldestelle als „Speerspitze der Bekämpfung digitaler Gewalt in Niedersachsen“. Sie betont die Notwendigkeit, Hasspostings schnell aus dem Internet zu entfernen, bevor sie viral gehen. Wahlmann fordert zudem ein effektives Gesetz gegen digitale Gewalt.

Präventionsarbeit und gesellschaftliche Auswirkungen

Neben der strafrechtlichen Verfolgung legt die Justizministerin auch großen Wert auf Präventionsarbeit. Sie äußerte Bedenken, dass sich immer mehr Menschen, die an sachlichen Diskussionen interessiert sind, aus dem Internet zurückziehen. Dies sei ein alarmierendes Zeichen für die Meinungsvielfalt und die offene Diskussion, die essenziell für eine funktionierende Demokratie sind.

Kontroverse um den Begriff „Hass“

Ein zentrales Problem in der Debatte um „Hass im Internet“ ist die Definition dessen, was unter „Hass“ fällt. Kritiker bemängeln, dass die Kriterien oft unklar sind und somit die Gefahr besteht, dass legitime Meinungsäußerungen kriminalisiert werden. Ein prominentes Beispiel ist der Fall der Journalistin Anabel Schunke, die wegen Volksverhetzung verurteilt wurde, nachdem sie sich kritisch gegenüber eines Beitrags der Bundesinnenministerin Nancy Faeser geäußert hatte.

Fall Anabel Schunke

Die Journalistin hatte im Herbst 2022 auf Facebook kritische Bemerkungen über Sinti und Roma in Deutschland gemacht. Diese Äußerungen führten zu einer Anzeige durch die ZHIN und letztlich zu einer Verurteilung wegen Volksverhetzung. Brisant ist, dass die zuständige Staatsanwältin aus Göttingen auch für das ZHIN arbeitet und somit sowohl Anzeigen stellen als auch Ermittlungen einleiten kann.

Politische und gesellschaftliche Implikationen

Dieser Anstieg der Ermittlungsverfahren und die damit verbundenen Kontroversen werfen ein Schlaglicht auf die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in Deutschland. Während die Politik verstärkt gegen „Hass im Internet“ vorgeht, gibt es zunehmende Bedenken, dass dies zu einer Einschränkung der Meinungsfreiheit führen könnte. Kritiker sehen darin eine Gefahr für die Demokratie und fordern eine klare Abgrenzung zwischen strafbarer Hassrede und legitimer Kritik.

Die Diskussion um „Hass im Internet“ zeigt, wie tief gespalten die deutsche Gesellschaft in dieser Frage ist. Es bleibt abzuwarten, wie sich die rechtlichen Rahmenbedingungen und die gesellschaftliche Debatte in den kommenden Jahren entwickeln werden.

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