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27.06.2024
08:12 Uhr

Cum-Ex-Prozess gegen Bankier Olearius eingestellt: Ein fragwürdiges Ende?

Cum-Ex-Prozess gegen Bankier Olearius eingestellt: Ein fragwürdiges Ende?

Das Cum-Ex-Strafverfahren gegen den früheren Chef der Hamburger Privatbank M.M.Warburg, Christian Olearius, am Bonner Landgericht wurde eingestellt. Die Vorsitzende Richterin Marion Slota-Haaf fällte das entsprechende Urteil aufgrund der angeschlagenen Gesundheit des 82-Jährigen. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung hatten das vorzeitige Ende des im September 2023 begonnenen Verfahrens beantragt. Mit dem Einstellungsurteil bleibt die Schuldfrage unbeantwortet.

Vorerst keine Zahlung von 43 Millionen Euro

Die Staatsanwaltschaft hatte dem Angeklagten 15 Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung vorgeworfen, wobei ein Steuerschaden von rund 280 Millionen Euro entstanden sein soll. In zwei Fällen soll es beim Versuch geblieben sein. Mit dem Verfahren gegen Olearius musste sich zum ersten Mal die Spitze eines Finanzinstituts vor Gericht Cum-Ex-Vorwürfen stellen. Vor der Urteilsverkündung meldete sich der Angeklagte zu Wort und beteuerte erneut seine Unschuld.

Olearius bleibt es auch vorerst erspart, 43 Millionen Euro als damalige Taterträge an den Staat zahlen zu müssen. Die Staatsanwaltschaft hatte beantragt, ein sogenanntes Einziehungsverfahren überzuleiten und dadurch gewissermaßen vom Strafverfahren abzukoppeln. Das lehnte das Gericht in der vergangenen Woche aber ab und wies darauf hin, dass die Ankläger hierzu bislang nicht abschließend ermittelt hätten. Dies könnte die Staatsanwaltschaft später noch tun und dann ein separates Einziehungsverfahren anstrengen. Hierbei ginge es ums Geld und nicht um die Schuldfrage. Der Bankier müsste nicht mehr vor Gericht erscheinen. Eine Revision gegen das Einstellungsurteil ist möglich, dies gilt aber als unwahrscheinlich.

Tagebucheinträge und politische Verbindungen

Das Vorgehen des bekanntesten Cum-Ex-Akteurs schlug auch in der Politik hohe Wellen. Denn aus Tagebucheinträgen von Olearius ging hervor, dass er sich 2016 und 2017 insgesamt dreimal mit dem späteren Bundeskanzler Olaf Scholz getroffen hatte, als dieser noch Erster Bürgermeister von Hamburg gewesen war. Der genaue Inhalt der Treffen ist unklar. Aber danach ließ die Finanzbehörde eine Steuerforderung fallen und die Ansprüche nach damaliger Rechtslage verjährten. Dass ein kausaler Zusammenhang bestand zwischen den Scholz-Olearius-Treffen und der Behördenentscheidung, ist nicht erwiesen. Scholz schließt eine Einflussnahme aus, beruft sich bei der Frage nach dem genauen Inhalt der Gespräche aber auf Erinnerungslücken.

Finanzielles Verwirrspiel

Mit Hilfe sogenannter Cum-Ex-Geschäfte bekamen Finanzakteure Steuern erstattet, die gar nicht gezahlt worden waren - Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenanspruch wurden in einem Verwirrspiel hin und hergeschoben. Dem Staat entstand dadurch ein zweistelliger Milliardenschaden. Die Hochphase dieser Geschäfte war in den Jahren 2006 bis 2011. Im Jahr 2021 wertete der Bundesgerichtshof Cum-Ex als Straftat. Am Bonner Landgericht hat es seit 2020 bereits acht Schuldsprüche zu Cum-Ex gegeben, eine Vielzahl an Verfahren dürfte in den kommenden Jahren noch folgen.

Es bleibt abzuwarten, ob die Staatsanwaltschaft in Zukunft weitere Schritte gegen Olearius einleiten wird. Der Fall zeigt einmal mehr, wie tief die Verflechtungen zwischen Finanzwelt und Politik gehen können. In einer Zeit, in der das Vertrauen in politische und wirtschaftliche Institutionen ohnehin angeschlagen ist, wirken solche Entwicklungen wie ein weiterer Schlag ins Gesicht des deutschen Bürgers.

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