Autonomes Fahren: Deutschlands letzte Chance im globalen Automarkt?
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat bei einer Tagung mit Vertretern der Autobranche in Berlin das autonome Fahren als "Riesenchance" für die deutsche Autoindustrie bezeichnet. Laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) sieht Habeck darin Potenzial für die Hersteller, die Wirtschaft, die Verkehrssicherheit, den Fahrkomfort und den Klimaschutz. Er betonte: "Wir müssen jetzt nur Schwung aufnehmen und in der Geschwindigkeit nicht nachlassen." Die Zukunft des Fahrens werde eines Tages autonom sein, wobei der internationale Wettbewerb, insbesondere durch die USA und China, sehr hart sei. "Wir müssen das innovativste Land sein", so der Bundeswirtschaftsminister.
KI als Schlüsseltechnologie
Bei der Tagung ging es um den verstärkten Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) für das autonome Fahren. Mehrere Autokonzerne stellen in einem vom Bund geförderten Projekt zusammen Daten zur Verfügung. Durch das "Training" der KI soll laut Habeck die Sicherheit des autonomen Fahrens erhöht werden. Marcus Bollig, Geschäftsführer des Verbands der Automobilindustrie (VDA), verwies auf die zwei großen Transformationen der Branche: klimafreundlichere Antriebe und die zunehmende Digitalisierung. Eine Führungsrolle der deutschen Autoindustrie beim autonomen und hochautomatisierten Fahren könnte zukünftig entscheidend für den Erfolg sein.
Rahmenbedingungen schaffen
Mercedes-Entwicklungsvorstand Markus Schäfer sagte, dass die Entwicklung des autonomen Fahrens enorm an Fahrt aufnehme. Noch vor Ende des Jahrzehnts werde es Fahrzeuge der Autonomiestufe 4 auf den Straßen geben. Dafür müssten in Deutschland und Europa die nötigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um solche Fahrzeuge erproben zu können, wie es bereits in den USA und China praktiziert werde.
Aktuelle Herausforderungen der Autoindustrie
Die deutsche Autoindustrie kämpft aktuell mit schwachen Absatzzahlen, hohen Kosten für den Umstieg auf Elektroantriebe und stockendem Auslandsgeschäft, vorwiegend in China. In dieser Situation könnte eine Vorreiterrolle beim autonomen Fahren, unterstützt durch den Einsatz von KI, neue Impulse setzen und die Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Streit um Sonderzölle für China
Das Thema sorgt andernorts für politische Spannungen: In der Frage von möglichen EU-Sonderzöllen auf Elektroautos aus China gibt es Streit zwischen der Bundesregierung und der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament. Entgegen der offiziellen Position Deutschlands befürwortet die Union die Zölle, wie aus einem dpa vorliegenden Positionspapier hervorgeht. Die Unionsabgeordneten widersprechen damit auch der deutschen Autoindustrie, die die Zölle vehement ablehnt. Laut dpa fürchtet die Industrie durch die Maßnahme mehr Risiko als Nutzen. Die Union sieht die Ausgleichszölle hingegen als letzte Option, falls China sein Verhalten nicht ändere.
Kein Konsens in der Bundesregierung
Die Bundesregierung war sich zunächst uneins, stimmte nach einem Machtwort von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Freitag in Brüssel aber gegen die Zölle. Dennoch votierte eine ausreichende Mehrheit der EU-Staaten für das Vorhaben, sodass die EU-Kommission Abgaben von bis zu 35,3 Prozent einführen kann. Hintergrund ist der Vorwurf, dass China die Preise von E-Autos aus der Volksrepublik mit hohen Subventionen künstlich drückt und damit der europäischen Industrie schadet.
Forderungen der Union
Zudem sprechen sich die Union-Abgeordneten dafür aus, CO2-Vorgaben für Autohersteller früher als geplant zu überprüfen. Strafzahlungen bei Überschreitung der Grenzwerte lehnen sie ab. "Strafzahlungen nützen nichts", wird die Co-Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe, Angelika Niebler (CSU), zitiert. Es gehe um Millionen Arbeitsplätze in der europäischen Auto- und Zulieferindustrie.
Die Sonderzölle auf chinesische E-Autos sind in der EU und auch innerhalb Deutschlands umstritten. Während die EU-Kommission und Teile der Politik darin ein Mittel gegen unfaire Wettbewerbspraktiken sehen, fürchtet die Industrie Nachteile im wichtigen chinesischen Markt.