Österreichs Bundespräsident könnte FPÖ-Regierung verhindern
Nach der Nationalratswahl 2024 steht Österreich vor einer politischen Zerreißprobe. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat angekündigt, dass er der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) nicht automatisch den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen werde, obwohl diese als stärkste Kraft aus der Wahl hervorgegangen ist. Diese Entscheidung könnte die politische Landschaft des Landes nachhaltig verändern.
Tradition und Bruch
In der Vergangenheit war es in Österreich – ähnlich wie in Deutschland – eine demokratische Tradition, dass die stärkste Fraktion den Auftrag zur Regierungsbildung erhält. Doch Van der Bellen, ein ehemaliger Grünen-Politiker, hat diesen Grundsatz nun infrage gestellt. In seiner Rede nach dem Wahlsieg der FPÖ erklärte er, dass die Parteien nicht nur die Wähler, sondern auch ihn persönlich überzeugen müssten.
Die neue Brandmauer
Bereits vor der Wahl hatte sich unter den anderen Parteien eine „Brandmauer“ gegen eine Zusammenarbeit mit der FPÖ unter Herbert Kickl formiert. Diese Ablehnung könnte nun zur Bildung einer sogenannten „Verlierer-Koalition“ führen, bestehend aus der ÖVP und der SPÖ, die beide deutliche Verluste hinnehmen mussten. Eine solche Koalition wäre rechnerisch möglich und könnte durch die Unterstützung der Grünen und der NEOS stabilisiert werden.
Eine komplizierte Regierungsbildung
Van der Bellen hat deutlich gemacht, dass er eine antieuropäische Partei, die den Krieg Russlands gegen die Ukraine nicht verurteilt, nicht unterstützen werde. Er betonte, dass die Kanzler-Ernennung in seiner „höchstpersönlichen Entscheidung“ liege und er dabei nur seinem Gewissen verpflichtet sei. In einem ORF-Interview stellte er klar, dass er die Grundpfeiler der liberalen Demokratie, wie Rechtsstaat, Gewaltenteilung, Menschenrechte und die EU-Mitgliedschaft, respektiert sehen möchte.
Die Latte liegt hoch
Van der Bellen verglich den Prozess der Regierungsbildung mit einem Hochsprung: „Die Latte liegt bei 50 Prozent Mandatsmehrheit im Parlament. Nicht 40, nicht 10, auch nicht 49,5, nein 50 Prozent“. Da keine Partei diese Hürde allein genommen habe, sei es nun an der Zeit, aufeinander zuzugehen und miteinander zu reden, um „gute, beständige Kompromisse zu finden.“
Die Rolle des Bundespräsidenten
In den kommenden Wochen wird Van der Bellen Gespräche mit allen im Nationalrat vertretenen Parteien führen, um auszuloten, wer mit wem koalieren kann. Dieser Prozess könnte Zeit in Anspruch nehmen, doch der Bundespräsident ist überzeugt, dass diese Zeit gut investiert sei. Er werde „mit bestem Wissen und Gewissen“ darauf achten, dass die Regierungsbildung im Einklang mit den Grundwerten der Demokratie stehe.
Die Entscheidung Van der Bellens, die FPÖ nicht automatisch mit der Regierungsbildung zu beauftragen, könnte einen Präzedenzfall schaffen und die politische Landschaft Österreichs nachhaltig verändern. Es bleibt abzuwarten, wie die Parteien auf diese Herausforderung reagieren und ob es ihnen gelingt, stabile und tragfähige Koalitionen zu bilden.
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