Hamburger Senat plant drastische Verschärfung des Disziplinarrechts für Polizisten
In einer beispiellosen Aktion hat der Hamburger Senat einen Gesetzesentwurf zur Änderung disziplinarrechtlicher Vorschriften beschlossen, der die Rechte von Polizisten erheblich einschränken könnte. Der Entwurf, der nur wenige Tage vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft vorgestellt wurde, stößt auf heftigen Widerstand seitens der Gewerkschaften und wirft ernste Fragen zur Rechtsstaatlichkeit auf.
Ein Misstrauensvotum gegen die Polizei?
Horst Niens, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), spricht von einem „Misstrauensvotum gegen die Polizei“. Er kritisiert, dass es im Vorfeld keine Gespräche oder einen Dialog mit den Gewerkschaften gegeben habe. Der Zeitpunkt der Gesetzesvorlage sei kein Zufall, so Niens. Der Senat nutze die Aufmerksamkeit rund um die Europameisterschaft, um das Gesetz „durchzuboxen“.
Aushöhlung des Rechtsstaats
Der Entwurf sieht vor, das bisherige gerichtliche Disziplinarverfahren abzuschaffen. Stattdessen soll der Dienstherr der Hamburger Polizisten, Innensenator Andy Grote (SPD), bei „schweren Pflichtverletzungen“ eigenmächtig über Zurückstufungen, Entfernungen aus dem Beamtenverhältnis und die Aberkennung des Ruhegehalts entscheiden können. Diese Maßnahmen könnten ohne richterliche Überprüfung erfolgen, was massive Bedenken hinsichtlich der Fairness und Rechtsstaatlichkeit aufwirft.
Gewerkschaften auf den Barrikaden
Sowohl die GdP als auch der Deutsche Gewerkschaftsbund lehnen den Entwurf kategorisch ab. Sie argumentieren, dass die Abschaffung des Richtervorbehalts das Kräfteverhältnis im Disziplinarverfahren einseitig zugunsten des Dienstherrn verschiebe und somit einen massiven Eingriff in die Rechte der Beamten darstelle. Besonders die Art und Weise, wie das Gesetz im Schatten der Fußball-EM durchgesetzt werden soll, stößt auf heftige Kritik.
Strategische Gesetzesänderung während der EM
Die Vermutung liegt nahe, dass die Gesetzesänderung während der Europameisterschaft „eingetütet“ werden soll, ohne dass die Polizisten davon etwas mitbekämen. Die Beamten seien während des Großereignisses stark belastet und auf die Sicherheit der Menschen in Hamburg fokussiert, so die GdP. Horst Niens und seine Kollegen vom Landesvorstand der Gewerkschaft hätten erwartet, dass sich die Politik gerade in dieser Zeit hinter die Polizei stellt. Doch das Gegenteil sei der Fall.
Hamburger Polizei fühlt sich im Stich gelassen
Der Entwurf zur Gesetzesänderung wurde den Gewerkschaften zur vorgeschriebenen „beamtenrechtlichen Beteiligung“ vorgelegt. Die GdP Hamburg kündigte an, sich in dieses Verfahren „mit aller Kraft“ einzubringen und für die Rechte ihrer Mitglieder zu kämpfen – „auch während der Europameisterschaft“, wie der Landesvorstand abschließend versichert.
Die geplante Verschärfung des Disziplinarrechts und die Art und Weise ihrer Durchsetzung werfen ein Schlaglicht auf die aktuelle politische Lage in Hamburg. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation entwickeln wird und ob die Stimmen der Gewerkschaften Gehör finden.
- Themen:
- #SPD
- Kettner Edelmetalle News
- Finanzen
- Wirtschaft
- Politik